Fokalisierung

Fokalisierung ist ein von Gérard Genette im Jahr 1972 geprägter Begriff aus der Erzähltheorie, der das Verhältnis zwischen dem Wissen eines Erzählers und dem einer Figur beschreibt. Genette unterscheidet dabei drei Fälle: Bei der Nullfokalisierung sagt der Erzähler mehr als jede der Figuren weiß; bei der internen Fokalisierung sagt er genau das, was eine der Figuren weiß; bei der externen Fokalisierung sagt er weniger, als die Figur weiß. Die Fokalisierung ist unabhängig von der Erzählperspektive.[1]

Genette geht nicht davon aus, dass sich literarische Werke immer eindeutig einem der drei Fokalisierungstypen zuordnen lassen. Im Laufe eines Werkes kann sich die Fokalisierung ändern; außerdem sind bestimmte Fokalisierungstypen nicht immer voneinander unterscheidbar. So lässt sich etwa die Nullfokalisierung nicht scharf abgrenzen von einer variablen internen Fokalisierung, bei der in schnellem Rhythmus die Bezugsfigur wechselt. Außerdem kann die interne Fokalisierung durch eine Figur ebenso als eine externe Fokalisierung auf andere Figuren aufgefasst werden.

  1. Tilmann Köppe, Tom Kindt: Erzähltheorie. Eine Einführung. (Reclams Universal-Bibliothek (=17683), Reclam, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-15-017683-2, S. 95 f.)

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