Ausreiseantrag

Zur Auswanderung aus der DDR musste im Antrag auf Ausreise aus der DDR bei den Angaben zur beabsichtigten Dauer der Reise die Variante „einmalig“ markiert werden

Ausreiseantrag war in der DDR ein gängiger Ausdruck für einen Antrag zur ständigen Ausreise aus der DDR. Mit einem derartigen Ausreiseantrag gab ein DDR-Bürger dem Staat die Absicht bekannt, dauerhaft außerhalb der DDR zu leben, also aus ihr auswandern zu wollen.

Um als DDR-Bürger diese legal zu verlassen, also die innerdeutsche Grenze oder die Berliner Mauer ohne Gefahr für Freiheit, Leib und Leben passieren und eine Flucht aus der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR vermeiden zu können, bedurfte es eines genehmigten Ausreiseantrages. Jeder Versuch, der DDR ohne staatliche Zustimmung den Rücken zu kehren, war als „Ungesetzlicher Grenzübertritt“ strafrechtlich bedroht. Wer gefasst wurde, geriet in politische Haft.

Anders verhielt und verhält es sich bis heute in der Bundesrepublik Deutschland, wo zur Ausreise maximal ein Reisepass notwendig ist, der nur dann versagt oder entzogen werden kann, wenn eine Gefährdung erheblicher Belange des Staates zu befürchten ist, oder die Gefahr besteht, dass man sich der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung entzieht. In diesem Sinne verwehrte die DDR-Regierung ihren Bürgern bis zum Mauerfall die Reisefreiheit grundsätzlich. Mit dem Mauerfall am 9. November 1989 endete die Ära der Ausreiseanträge.

Wer einen Ausreiseantrag in den Westen stellte, musste zum Teil mit langwierigen und harten Schikanen rechnen,[1] bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung und Inhaftierung.[2] Aber es bestand tatsächlich die Möglichkeit, auf diese Weise die DDR zu verlassen. Die Ausreisebewegung war ein großes Problem für die DDR-Machthaber. Dazu wurden etliche geheime Befehle und Anordnungen erlassen.[3] Obschon sich Antragsteller ab 1975 auf das zugesicherte Recht auf Freizügigkeit der von Erich Honecker unterzeichneten KSZE-Schlussakte von Helsinki beriefen, wurden sie als „rechtswidrige Übersiedlungsersucher“ diffamiert und mit massiven persönlichen, familiären und beruflichen Repressalien belegt.

Deutschen Staatsangehörigen und deutschen Volkszugehörigen, die ohne Genehmigung ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der sowjetischen Besatzungszone oder dem sowjetischen Sektor von Berlin verlassen hatten, wurde nach dem Notaufnahmegesetz vom 22. August 1950 bis zu dessen Aufhebung am 1. Juli 1990 eine besondere Erlaubnis zum Aufenthalt im Westen Deutschlands erteilt.

Im Sprachgebrauch in der DDR wurden Personen, die einen Ausreiseantrag gestellt hatten, umgangssprachlich oft Ausreiser genannt.[4]

  1. Bernd Eisenfeld u. a.: Ausreisen oder dableiben? Regulierungsstrategien der Staatssicherheit (Reihe B: Analysen und Berichte, Nr. 1/97). Hg. BStU. 2. Auflage, Berlin 1998, S. 67 ff.
  2. Bernd Eisenfeld u. a.: Ausreisen oder dableiben? Regulierungsstrategien der Staatssicherheit (Reihe B: Analysen und Berichte, Nr. 1/97). Hg. BStU. 2. Auflage, Berlin 1998, S. 70 ff., 80 ff., 89 ff.
  3. Bernd Eisenfeld u. a.: Ausreisen oder dableiben? Regulierungsstragtegien der Staatssicherheit (Reihe B: Analysen und Berichte, Nr. 1/97). Hg. BStU. 2. Auflage, Berlin 1998, S. 61/62.
  4. Dieter Herberg, Doris Steffens, Elke Tellenbach: Schlüsselwörter der Wendezeit. Wörter-Buch zum öffentlichen Sprachgebrauch 1989/90 (= Schriften des Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 6). de Gruyter, Berlin u. a. 1997, ISBN 3-11-015398-X, S. 113.

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search