Esbekieh-Garten

Der Esbekieh-Garten Anfang des 20. Jahrhunderts

Der Esbekieh-Garten (arabisch حديقة الأزبكية, DMG Ḥadīqat al-Azbakīya) ist eine öffentliche Parkanlage, die zwischen 1868 und 1872 von dem belgischen Kunstgärtner Gustave Delchevalerie (1844–1899) und dem französischen Landschaftsarchitekten Jean-Pierre Barillet-Deschamps in Kairo angelegt wurde. Der Ort hatte zu dieser Zeit bereits eine lange Geschichte als bedeutendes Naherholungsgebiet der kairinischen Bevölkerung und Anlaufpunkt europäischer Reisender hinter sich. Der tscherkessische Mamluken-Emir Azbak min Tutuch hatte hier Ende des 15. Jahrhunderts einen See anlegen lassen, der während der Nilschwemme durch einen Kanal mit Nilwasser versorgt wurde. Während der Zeit des Hochwassers war der See ein Ort der Vergnügungen: die Menschen fuhren in kleinen Barken auf dem Wasser umher, musizierten und sangen, in der übrigen Zeit lag der See trocken und bildete einen großräumigen Platz. Ende des 18. Jahrhunderts schlugen die französischen Truppen der Ägyptischen Expedition ihr Hauptquartier am Azbakīya-See auf, den sie mit den Promenaden in der Umgebung Place Ezbekiéh nannten. Napoleon Bonaparte wählte den kurz vorher hier errichteten Palast des Mamluken Alfī Bey als seine Residenz. Der nach dem Abzug der Franzosen an die Macht gelangte Muhammad Ali Pascha (reg. 1805–1848) gestaltete in den 1840er Jahren den Esbekieh-Platz zu einer Promenade um, die bei europäischen Reisenden besondere Beliebtheit erlangte. Das lag nicht nur daran, dass sich an der Esbekieh zahlreiche europäische Hotels ansiedelten, darunter das berühmte Shepheard’s Hotel, sondern auch an dem schönen Blick auf Kairo und dem regen „orientalischen“ Unterhaltungsbetrieb, der sich hier entwickelte. Im Laufe der Zeit vermüllte die Promenade aber zusehends und wurde zum Treffpunkt zwielichtiger Gestalten.

Der Khedive Ismail Pascha (reg. 1863–1879), der 1867 die Weltausstellung in Paris besucht und bei dieser Gelegenheit die dortigen Erholungsparks von Barillet-Deschamps kennengelernt hatte, ließ die Promenade schließlich in einen modernen Park mit kleinerem Grundriss umgestalten. Er wurde mit zahlreichen exotischen Pflanzen und Bäumen, die hauptsächlich von dem deutschen Botaniker und Afrikareisenden Georg Schweinfurth geliefert wurden, bepflanzt. Zu den weiteren Attraktionen des Parks gehörten eine künstliche Grotte und ein Wasserfall, die von dem französischen Grottenbauer Eugène Combaz konstruiert wurden, ein künstlicher Teich, mehrere Musikpavillons, in denen regelmäßig Konzerte gegeben wurden, ein Freilichttheater, ein chinesischer Pavillon, ein ausgezeichnetes Restaurant und eine Bierhalle, in der man eisgekühltes Münchener Bier konsumieren konnte. Nach Auffassung des deutschen Afrikaforschers Gerhard Rohlfs (gest. 1896) bildete der Esbekieh-Garten zu seiner Zeit „den größten Zauber und Reiz“ des europäisch geprägten Neu-Kairo.[1] Der französische Journalist Charles Lallemand (gest. 1904) lobte ihn als „entzückenden Park, der den Vergleich mit den schönsten Parks in London oder Paris aufnehmen kann – und sei es auch nur mit dem Parc Monceau“.[2]

Die einheimische Bevölkerung nahm den Park, der in der Anfangszeit als sehr vornehm galt und an dessen Toren Eintrittsgeld erhoben wurde, nur zögernd an. Im Laufe der Zeit entwickelte sich in dem Park aber ein ausschweifendes Nachtleben, an dem auch Ägypter beiderlei Geschlechts teilnahmen. Dieses führte schließlich dazu, dass der Esbekieh-Garten immer mehr als „Ort des Lasters und der Sünde“ wahrgenommen wurde. Nachdem der Park in den 1950er Jahren von einer breiten Verkehrsstraße durchbrochen wurde, verlor er seine Funktion als Ort der Erholung und Grüne Lunge Kairos. Seit 2021 finden Bauarbeiten zu Wiederbelebung des historischen Parks statt.

  1. Rohlfs: Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas: Berichte aus den Jahren 1870–1875. 1876, S. 194.
  2. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Lallemand17.

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