Gendrift

Als Gendrift (genetische Drift; das niederdeutsche Wort Drift ist verwandt mit dem deutschen treiben, auch Alleldrift oder Sewall-Wright-Effekt genannt) bezeichnet man in der Populationsgenetik eine zufällige Veränderung der Allelfrequenz innerhalb des Genpools einer Population. Gendrift ist ein Evolutionsfaktor. Eine quantitative Erweiterung stellt der Genshift dar, bei dem ganze Segmente von Genen zusammen ausgetauscht werden. Dies hat oft besonders ausgeprägte funktional-qualitative Änderungen zur Folge.

Gendrift und Genshift stellen eine Art Komplement zur natürlichen Selektion dar. Die natürliche Selektion hat keinen zufälligen Einfluss auf die Änderung der Genfrequenz einer Population, sondern ist direkt gekoppelt an den Überlebens- und Reproduktionserfolg von Individuen, also deren Angepasstheit an ihre Umwelt.[1] Die genetische Drift bzw. Shift dagegen hat keine derartigen Ursachen, sondern ist rein zufallsbestimmt (stochastisch).

Da eine zufällige Änderung der Genfrequenz in kleineren Populationen statistisch mehr ins Gewicht fällt, stellen die Gendrift und Genshift einen wichtigen Faktor der Evolution von Gründerpopulationen und somit der Artbildung dar. Sie basiert darauf, dass eine abgeschnittene Zufallspopulation, die in einem bestimmten Gebiet lebt, nur einen kleinen Ausschnitt der möglichen Allelfrequenzen besitzt, die außerdem in einem anderen Verhältnis zueinander stehen als in der Gesamtpopulation. Die evolutionäre Weiterentwicklung dieser Population ist abhängig von diesen verschobenen Genfrequenzen.

Als Flaschenhalseffekt wird eine besondere Art der Gendrift bezeichnet, bei der die Populationsgröße durch ein zufälliges Ereignis stark vermindert und dadurch die in der Population vorkommende Variabilität verringert wird. Die Allelfrequenzen unterscheiden sich hinterher meist von denen der ursprünglichen Population, die verminderte genetische Diversität erschwert zukünftige adaptive Veränderungen.

Gendrift kann auch in größeren panmiktischen Populationen auftreten, nach Aufteilung in kleinere Teilpopulationen. Voraussetzung sind zufällige Veränderung von Genen und Weitergabe der veränderten Gene.

Bedeutungserweiterung: Als Gendrift wird auch die Verbreitung solcher Veränderungen in größere Populationen bezeichnet. Heute bezeichnet man als Gendrift auch das Eindringen bewusst oder zufällig veränderter Gene in andere Bereiche.

  1. Charlotte Avers: Process and Pattern in Evolution. Oxford University Press, 1989.

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