Geschichte des Papsttums

Thronender Petrus mit Segensgestus und Schlüssel (Arnolfo di Cambio, Bronze, 13. Jahrhundert, Petersdom)

Die Geschichte des Papsttums reicht von der Spätantike bis in die Gegenwart. Grundlegend für das Selbstverständnis der Päpste ist ihr Anspruch, in der Nachfolge des Apostels Simon Petrus zu stehen. Die Institution des Papsttums geht auf die Tradition der stadtrömischen Kirche zurück, wonach Petrus und Paulus in Rom den Märtyrertod erlitten hätten. Keine andere Ortskirche beanspruchte dies für sich. Eine zweite Komponente war die christlich verstandene Romidee.

Obwohl Bischöfe von Rom bereits in der Alten Kirche den Anspruch auf eine Führungsrolle in der Christenheit erhoben, erfolgte die Ausgestaltung des Papsttums erst im Mittelalter, vorbereitet durch die Kirchenreformbewegung des 11. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit nahmen die Päpste unter Berufung auf den Bibelvers Matthäus 16,18 auch für sich in Anspruch, dass Jesus Christus Petrus und damit auch dem Papsttum eine leitende Stellung in der Kirche anvertraut habe. Die Bildung des Kirchenstaates festigte die Machtstellung des Papstes als weltliches Oberhaupt eines eigenen Territoriums in Mittelitalien. Dies ermöglichte dem Papst eine unabhängigere politische Rolle, führte aber auch zu Konflikten mit anderen Herrschern wie dem römisch-deutschen Kaisern und den Königen von Frankreich. Eine besonders enge Verbindung gingen seit Otto I. die mittelalterlichen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mit dem Papsttum ein; sie leiteten ihre imperial-sakrale Würde von der Krönung durch den Papst ab. Unter anderem um das Recht der Einsetzung von Bischöfen und des machtpolitischen Vorranges kam es zwischen dem Investiturstreit und der staufischen Herrschaft immer wieder zu schweren Auseinandersetzungen.

Die Päpste riefen vom späten 11. bis 13. Jahrhundert mehrere Kreuzzüge aus, um das Heilige Land von den muslimischen Herrschern zurückzuerobern. Sie versprachen den Teilnehmern spirituelle Belohnungen wie Vergebung von Sünden und den Schutz der Kirche. Einen Höhepunkt erreichte das Papsttum unter Innozenz III., der den Titel Vicarius Iesu Christi (Stellvertreter Jesu Christi) offiziell annahm. Seine Autorität stammte demnach direkt von Christus und war nicht abgeleitet aus der biblisch begründeten Sonderstellung des Petrus, dessen Nachfolger der Papst als Bischof von Rom war.

Ende des 13. Jahrhunderts gerieten die Päpste zunehmend unter die Kontrolle der französischen Krone. Sie residierten zwischen 1309 und 1376/1377 in Avignon. Diese Phase wird daher als Avignonesisches Papsttum bezeichnet. Befreit von den Adelskämpfen in Rom, bauten die Avigneser Päpste Hof- und Finanzstrukturen aus. Rom galt aber weiterhin als Heilige Stadt. Urban VI. ging 1378 aus dem ersten stadtrömischen Konklave seit über 70 Jahren als neuer Papst hervor; seine konfrontative Amtsführung hatte aber zur Folge, dass die Kardinäle seine Wahl für ungültig erklärten und Clemens VII. an seiner Stelle zum Papst wählten. Damit begann das Große Abendländische Schisma: eine Spaltung der Christenheit in Territorien, die dem in Rom residierenden Papst folgten (das Heilige Römische Reich, Italien und England), und Territorien, die den in Avignon residierenden Papst anerkannten (die Habsburgerlande, Sizilien, Frankreich und Sardinien). Das Schisma wurde auf dem Konzil von Konstanz durch das Kollegium der dort versammelten Bischöfe beider Seiten überwunden, die Martin V. 1417 als neuen Einheitspapst wählten. Das Konzil von Basel-Ferrara-Florenz (1431–1445) scheiterte mit dem Anspruch, das Bischofskollegium sei dem Papst übergeordnet (Konziliarismus). Seitdem konsolidierte sich die päpstliche Oberhoheit über die Kirche wieder.

Der päpstliche Hof geriet Mitte des 15. Jahrhunderts unter den Einfluss der von einigen norditalienischen Städten ausstrahlenden Renaissance. Als Mäzene vor allem florentinischer Künstler strebten die Päpste an, das Ansehen ihrer Institution als führende Kulturmacht zu mehren. Ein Prestigeprojekt, der Neubau des Petersdoms, wurde durch eine Ablasskampagne finanziert. Diese machte sich das Konzept eines Gnadenschatzes zunutze, über den exklusiv der Papst verfüge. Er könne aus diesem Schatz zeitliche Sündenstrafen, insbesondere Fegefeuerstrafen, gegen Geldzahlungen erlassen. Der Wittenberger Augustiner Martin Luther protestierte 1517 dagegen in seinen 95 Thesen. Die Ablasskritik weitete sich zur Ablehnung des Papsttums aus, das nun bei Luther und seinen Parteigängern als antichristlich galt. Herrscher, Fürsten und Reichsstädte begründeten im Zuge der Reformation romunabhängige Kirchentümer. Dies schwächte die Machtstellung des Papsttum in Lateineuropa nachhaltig. Andererseits stellten sich die Päpste 1622 durch Gründung der Kongregation für die Glaubensverbreitung an die Spitze der von den großen Orden getragenen und von den Kolonialmächten Spanien und Portugal unterstützten Weltmission. Die Schwäche des Kirchenstaats als politischer Akteur in Mittelitalien wurde im 18. Jahrhundert offensichtlich. Im Zuge europäischer Erbfolgekriege wurde er mehrfach von fremden Truppen besetzt. Die Nationalstaaten, insbesondere Frankreich, Habsburg und Spanien, sorgten im Konklave dafür, dass aus Papstwahlen nur schwache Kompromisskandidaten hervorgingen. Symptomatisch für die Schwäche des Papsttums am Vorabend der Französischen Revolution erscheint die von Spanien, Portugal und Frankreich 1773 erzwungene Aufhebung des Jesuitenordens.

Der Widerstand gegen Napoleon Bonaparte verhalf der Institution Papsttum im frühen 19. Jahrhundert zu neuem Ansehen. Auf dem Wiener Kongress wurde der Kirchenstaat als „älteste und legitimste Monarchie“ restituiert. In den meisten europäischen Staaten mit katholischer Bevölkerung war in napoleonischer Zeit ein radikales Staatskirchentum anstelle der gewachsenen bischöflich-landeskirchlichen Strukturen etabliert worden. Die Restauration stellte nicht die vornapoleonischen Verhältnisse wieder her, sondern brachte stattdessen Ortskirchen mit einer starken Romorientierung hervor. Hinzu kam Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere in Deutschland und Frankreich die Papstverehrung als Teil einer konfessionell-katholischen Volksfrömmigkeit. Gleichzeitig mit dem Verlust des Kirchenstaates 1870 fixierte das Erste Vatikanische Konzil zwei Papstdogmen: den gesamtkirchlichen Jurisdiktionsprimat und, darin eingebettet, die Unfehlbarkeit bei Ex-cathedra-Entscheidungen.


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