Geschmack (Sinneseindruck)

Die saure Zitrone
Gemälde von Julius Geertz (1867)

Weit gefasst wird unter Geschmack (von mittelhochdeutsch gesmac, ‚Duft, Geruch, Gestank, Geschmack‘, zu smẹcken: ‚kosten, versuchen; Geruch empfinden, riechen, duften; wahrnehmen‘, von althochdeutsch smẹcken, ‚Geschmack empfinden‘, im Gegensatz zu smackën ‚Geschmack von sich geben‘[1][2]) ein komplexer Sinneseindruck bei der Nahrungsaufnahme verstanden, der durch das multimodale Zusammenspiel von Geruchssinn und Geschmackssinn sowie Tastsinn, Temperatur- und Schmerzempfinden entsteht. Die in diesem Sinne als „Geschmack“ auf eine Speise bezogenen Empfindungen kommen in vielen Fällen vornehmlich durch Aromen zustande, die vom Geruchssinn wahrgenommen werden, und weniger durch Reize innerhalb der Mundhöhle. Daher führt eine gestörte Geruchswahrnehmung wie bei einem Schnupfen oder ein völliger Verlust des Geruchssinns (Anosmie) zu einem deutlich beeinträchtigten Empfinden der geschmeckten Nahrung.

Die biologische Bedeutung des Geschmacks liegt an seiner Rolle beim Auffinden von Nahrung und bei der Prüfung zugeführter Nahrungsmittel, bevor sie geschluckt und eingenommen werden. Im Zusammenspiel mit anderen Sinnesmodalitäten wird der sinnliche Eindruck des Schmeckens zu einem sensorischen Bild gefasst, mit dem Speisen nun verglichen und gewählt, und so dann gesucht oder gemieden werden können.

Bei Menschen zeigen schon Neugeborene Vorlieben für bestimmte Geschmacksqualitäten und präferieren süß und umami, während eine angeborene Aversion gegen Bitteres und Saures festzustellen ist. Für den menschlichen Organismus giftige Natursubstanzen schmecken zumeist bitter und selten süß. Natürliche energiereiche Lebensmittel haben einen besonders angenehmen Geschmack. Und die bevorzugte Geschmacksqualität umami zeigt tierische oder pflanzliche Proteinquellen an. Durch Geruchs- und Geschmacksempfindungen kann schon vor oder während des Essens oder Trinkens reflektorisch die Produktion von Speichel und Magensaft angeregt werden. Ein als unangenehm empfundener Geschmack dagegen vermag einen Würgreflex auszulösen oder im Extremfall gar zum Erbrechen zu führen.[3][4]

Das gustatorische und das olfaktorische System entwickelt sich beim Fötus bereits im zweiten Monat der Schwangerschaft; ab dem dritten Monat nimmt das Ungeborene den Geschmack seines Fruchtwassers wahr und wird durch diesen bereits vor der Geburt im Hinblick auf spätere Geschmackspräferenzen vorgeprägt.

Die Sensibilität für die Wahrnehmung von Geschmacksreizen ist bei Menschen auch genetisch bedingt und individuell unterschiedlich. Forscher unterscheiden Normal-, Super- und Nicht-Schmecker. Die Fähigkeit der Geschmackswahrnehmung nimmt generell im Alter ab, starke Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigungen können zu einem Verlust des Appetits führen.

Von der Geschmacksempfindung zu unterscheiden ist die Bewertung eines Geschmacks, die durch Enkulturation und Sozialisation beeinflusst wird. So wird die angeborene Geschmacksaversion gegen Bitterstoffe in den meisten Kulturen nicht lebenslang absolut beibehalten, wie sich anhand des Konsums von Kaffee oder Bier belegen lässt. Die hedonistische Bewertung von Geschmack beeinflusst die Entstehung von Präferenzen und Aversionen, wobei individuelle Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen. Welcher Geschmack als angenehm empfunden wird, „ist bis auf wenige Ausnahmen keine natürliche Eigenschaft der Lebensmittel oder Speisen, sondern eine kulturelle Zuschreibung, an der sich die Esser orientieren und die sie weitgehend übernehmen. (…) Geschmack, Genuss und Küche sind Produkt eines langen Abstimmungsprozesses, bei dem die Küche die Geschmacks- und Genusserwartungen jeweils praktisch umsetzt“.[5]

  1. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 151 (Geschmack) und 662 f. (schmecken).
  2. GESCHMACK. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 5: Gefoppe–Getreibs – (IV, 1. Abteilung, Teil 2). S. Hirzel, Leipzig 1897 (woerterbuchnetz.de).
  3. Hanns Hatt: Geschmack und Geruch. (PDF; 1,2 MB)
  4. Deetjen, Speckmann, Hescheler: Physiologie. 4. Auflage. 2004, S. 169.
  5. Eva Barlösius: Soziologie des Essens. Weinheim 1999, S. 85.

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