Ghetto

Als Ghetto (vom Duden empfohlene Schreibung: Getto) wird ein abgesondertes Wohnviertel bezeichnet. Der Begriff stammt aus dem Italienischen und bedeutet Gießerei. Er wurde später als Bezeichnung für ein abgetrenntes Wohngebiet übernommen, da die jüdischen Einwohner in Venedig 1516 auf das Ghetto Nuovo (neue Gießerei) beschränkt waren.[1]

Mit der päpstlichen Bulle Cum nimis absurdum verfügte Paul IV. am 14. Juli 1555 den Ghettozwang für die im Kirchenstaat lebenden Juden.[2] Diese Lebensform in einem zugewiesenen Stadtteil oder einer einzelnen Judengasse wurde bis zur jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert aufrechterhalten.[3]

Karte der Juden-Ghettos in Osteuropa (1941–1945)

Während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wurden von den Nationalsozialisten für von ihnen verfolgten und deportierte Juden davon vollkommen verschiedene Gefangenen-Sammellager unter den Namen Jüdische Wohnbezirke/Ghettos im okkupierten Polen und dem annektierten Tschechien errichtet. Diese Haftlager dienten vor deren Transport in die Vernichtungslager als Übergangsstationen.[4]

Umgangssprachlich werden heute, wiederum ebenfalls von beiden vorgenannten Bereichen vollkommen verschiedene und allseits offen zugängliche Stadtviertel, als Ghetto bezeichnet, weil in ihnen vorwiegend Angehörige bestimmter Ethnien (Segregation) oder sozialer Randgruppen leben. Übertragen findet er auch ohne direkten räumlichen Bezug im Diskurs um abgrenzbare soziale Strukturen (Subkulturen, soziale Netzwerke) Anwendung.

  1. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Auflage, DE GRUYTER, ISBN 978-3-11-022364-4.
  2. Thomas Brechenmacher: Der Vatikan und die Juden. Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 2005, ISBN 978-3-406-52903-0.
  3. Enzyklopädie der Religionen. 1990 Gruppo Editoriale Fabbri Bompiani Sonzogno Etas S. p. A., S. 109. (deutsche Fassung: Weltbild GmbH, Hamburg 1990. Redaktion: M. Elser, S. Ewald, G. Murrer. unter Mitarbeit von A. Lohner – katholische Theologie, W. Graf – evangelische Theologie und einer Reihe weiterer Mitarbeiter)
  4. Lexikon der Deutschen Geschichte. Renningen 2005, ISBN 3-938264-04-7, S. 106. (Organisation: Christian Zentner, Mitarbeiter: Daniela Kronseder, Nora Wiedermann).

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