Indischer Aufstand von 1857

Indischer Aufstand von 1857

Karte des indischen Subkontinents

Schwarz: aufständische Fürstenstaaten.
Blau: Fürstenstaaten, die loyal zu den Briten blieben, in denen es aber zu militärischen Auseinandersetzungen mit aufständischen Truppen kam.
Hellblau: Fürstenstaaten, die die britische Seite unterstützen.
Ocker: britische Gebiete, die vom Aufstand betroffen waren.
Grün: sich neutral verhaltende Staaten.

Datum 10. Mai 1857 bis 1859
Ort Indischer Subkontinent
Casus Belli Aufstand gegen die Kolonialherrschaft der Britischen Ostindien-Kompanie
Ausgang Niederschlagung des Aufstands durch die britischen Koloniemächte
Folgen Auflösung der Ostindien-Kompanie; Britisch-Indien wird Kronkolonie
Konfliktparteien

Britische Ostindien-Kompanie Aufständische Truppen der Ostindien-Kompanie

Indische Zivilisten

Sieben indische Fürstenstaaten:

Britische Ostindien-Kompanie Truppen der Ostindien-Kompanie

Vereinigtes Konigreich 1801 Britische Armee

21 indische Fürstenstaaten, die die britische Seite unterstützten:

Befehlshaber

Unter anderen:

Commander-in-Chiefs in India:

Verluste

Mindestens 800.000 Inder sowohl bei dem Aufstand als auch in diesem folgenden Hungersnöten und Epidemien (Vergleich zwischen der Bevölkerung von 1857 und dem Indischen Census 1871)

6.000

Der Indische Aufstand von 1857, auch Sepoyaufstand genannt, richtete sich gegen die Kolonialherrschaft der Britischen Ostindien-Kompanie über den indischen Subkontinent. Der Aufstand war überwiegend auf das obere Gangestal und Zentralindien beschränkt. Zentren des Aufstands waren Uttar Pradesh, Bihar, der Norden von Madhya Pradesh und die Region um Delhi.

Der Beginn des Indischen Aufstands von 1857 wird meist auf den 10. Mai 1857 datiert. An diesem Tag kam es in Merath zu einem offenen Aufstand von hinduistischen und muslimischen Soldaten gegen ihre britischen Befehlshaber. Die meuternden Truppen zogen nach Delhi ab, das sich bereits am 11. Mai in der Hand der Aufständischen befand. In Delhi kam es wie zuvor in Merath zu Morden an Briten und Eurasiern sowie an Indern, die zum Christentum übergetreten waren. An diesen Massakern waren nicht nur Sepoys, sondern auch Teile der indischen Zivilbevölkerung beteiligt. In den folgenden Wochen und Monaten dehnte sich der Aufstand über Nordindien aus. Einzelne britische Garnisonen wie Lakhnau und Kanpur verteidigten sich dabei – teils mit Hilfe loyal gebliebener Sepoys – mehrere Wochen lang gegen eine Übermacht aufständischer Truppen. Die Ermordung britischer Zivilisten wurde von britischen Truppen als Rechtfertigung für eine Kriegsführung genommen, die bereits von Zeitgenossen als unangemessen grausam und ethisch zweifelhaft bewertet wurde. In der indischen Geschichtsschreibung nimmt Lakshmibai, Rani von Jhansi, eine besondere Rolle ein. Die Fürstin schloss sich dem Aufstand nur zögernd an und entschied sich für eine aktive Unterstützung erst, als sie darin die einzige Möglichkeit sah, den Machtanspruch ihrer Familie zu sichern. Sie fiel am 17. Juni 1858 im Gefecht bei Khota-ki-Serai nahe Gwalior. Der Aufstand war im Laufe des Jahres 1858 bereits weitgehend zu Gunsten der Briten entschieden. 1859 gab es noch einzelne Auseinandersetzungen; der Indische Aufstand endete nach allgemeinem Verständnis erst in diesem Jahr. Nach der Niederschlagung wurde die Ostindien-Kompanie durch den Government of India Act 1858 aufgelöst und Britisch-Indien zu einer formellen Kronkolonie.

Als Auslöser des Aufstands gilt gemeinhin die Einführung des Enfield-Gewehres, dessen Papierpatronen nach einem unter britisch-indischen Streitkräften weit verbreiteten Gerücht mit einer Mischung aus Rindertalg und Schweineschmalz behandelt waren. Da die Patronen vor dem Einsatz aufgebissen werden mussten, stellte ihre Verwendung für gläubige Hindus wie Moslems einen Verstoß gegen ihre religiösen Vorschriften dar. Als eigentliche Ursachen gelten die von der Britischen Ostindien-Kompanie verfolgte Sozial- und Wirtschaftspolitik, durch die weite Teile der indischen Bevölkerung Landrechte, Beschäftigungsmöglichkeiten und Einfluss verloren, die im 19. Jahrhundert zunehmenden Anstrengungen, Indien zu christianisieren, sowie die Annexion indischer Fürstenstaaten durch Anwendung der Doctrine of Lapse. Es besteht in der Geschichtsschreibung kein Konsens, welchem dieser Faktoren ein besonderes Gewicht zukommt. Historiker haben auch in Abhängigkeit ihres eigenen kulturellen, religiösen und politischen Standpunktes die Ursachen des Aufstands sehr unterschiedlich gewichtet.[1]

  1. Vgl. beispielsweise Niall Ferguson: Empire. The Rise and Demise of the British World Order. Basic Books, New York 2003, ISBN 0-465-02328-2, S. 145–153, und William Dalrymple: The Last Mughal. The Fall of a Dynasty, Delhi, 1857. Bloomsbury Publishing, London 2006, ISBN 978-0-7475-8726-2, S. 58–84, sowie Christopher Herbert: War of no Pity. The Indian Mutiny and Victorian Trauma. Princeton University Press, Princeton 2008, ISBN 978-0-691-13332-4, für die Wertung des Aufstands im 19. Jahrhundert.

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