Jugendbewegung

Als Jugendbewegung wird eine besonders im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts einflussreiche Strömung bezeichnet, die dem von der Industrialisierung geprägten städtischen Leben eine vor allem in Kreisen der bürgerlichen Jugend sich ausbreitende Hinwendung zum Naturerleben entgegensetzte. Ein weiteres Merkmal war der romantische Rückgriff auf hergebrachte Kulturelemente, wobei die Wiederaneignung von Volksliedern und unmittelbare Formen der Geselligkeit eine herausragende Rolle spielten.

Die aus dem Wandervogel hervorgegangene Bewegung bestand aus einer Vielzahl von Kleingruppen, die selbstorganisiert unter Führung meist junger Erwachsener hauptsächlich Wanderungen und Fahrten an Wochenenden oder in den Ferien durchführten. Reformpädagogik, Freikörperkultur und Lebensreformbewegung standen in enger Wechselwirkung mit der Jugendbewegung. Die Urheberschaft für diesen Begriff wie auch für den der Jugendkultur beanspruchte der Reformpädagoge Gustav Wyneken.[1] Mit zunehmender Verbreitung des jugendlichen Wanderbetriebs entstanden die ersten Jugendherbergen.

Dem Selbstverständnis nach zunächst unpolitisch, waren die verschiedenen Gruppierungen den zeitgenössischen ideologischen Strömungen dennoch ausgesetzt und daran orientiert. Tiefe Einschnitte für die Jugendbewegung stellte zum einen der Erste Weltkrieg dar, auf den die politisch stärker polarisierte Phase der bündischen Jugendbewegung folgte, und zum anderen die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, die zur Zwangseingliederung aller anderen Jugendverbände in die Hitlerjugend oder zu deren Auflösung führte. Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Nachfolgeorganisationen haben die frühere Bedeutung nicht wiedererlangt.

  1. Zit. n. Werner Helwig: Die Blaue Blume des Wandervogels. Heidenheim an der Brenz 1980, S. 75. Geuter weist darauf hin, dass Jugend erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts als eigenständige Lebensphase mit besonderen Schwierigkeiten und besonderen Möglichkeiten „entdeckt“ worden sei. „Neue Begriffe wie ‚Jugendkultur‘, ‚Jugendbewegung‘ und ‚Jugendstil‘ verkündeten, daß die Zeit der Jugend jetzt auch als ein Symbol für Erneuerung und kulturelle Entwicklung angesehen wurde.“ (Geuter 1994, S. 31).

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