Liste der Kernreaktoren in Deutschland

Kernkraftwerke in Deutschland
Forschungsreaktoren in Deutschland

Die Liste der Kernreaktoren in Deutschland umfasst Kernkraftwerke, die Kernenergie in Deutschland bereitstellten, sowie Kernkraftwerke ohne Betriebsaufnahme und Forschungsreaktoren.

Während bei den ersten kerntechnischen Versuchsanlagen im Dritten Reich im Rahmen des Uranprojekts 1940–1945 zwar der Nachweis der Neutronenvermehrung, jedoch keine sich selbstständig erhaltende Kettenreaktion erreicht werden konnte, wurden in Deutschland zwischen 1957 und 2004 etwa 110 kerntechnische Anlagen in Betrieb genommen. Dabei muss zwischen Kernreaktoren zur Energiegewinnung und Forschungsreaktoren unterschieden werden. Als erste Kernreaktoren gingen im Oktober bzw. Dezember 1957 der Forschungsreaktor München in Garching (BRD) und der Rossendorfer Forschungsreaktor (DDR) in Betrieb. Das Kernkraftwerk Kahl ging im Juni 1961 als erstes Kernkraftwerk ans Netz. Als letzter kommerzieller Kernreaktor wurde 1989 der Block 5 des Kernkraftwerks Greifswald mit dem Netz synchronisiert. Der Ausbildungskernreaktor Dresden erhielt 2004 als bislang letzter Forschungsreaktor seine Betriebsgenehmigung.

Am 1. Januar 1960 trat in Westdeutschland das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (kurz Atomgesetz) in Kraft. Seitdem wurde es mehrfach geändert und ergänzt. Seit der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 15. Juni 2000 (dem sogenannten Atomkonsens) ist die Nutzung der vorhandenen Kernkraftwerke zeitlich begrenzt und es gilt ein Neubauverbot (keine Genehmigungen für den Bau neuer Kernkraftwerke). Die Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik ist vom Atomkonsens unberührt. Der Kernenergie-Konsens-Vertrag legt eine noch zu erzeugende Strommenge („Reststrommenge“) für jedes Kernkraftwerk fest. Grundsätzlich können diese sogenannten Reststrommengen von älteren Kraftwerken auf neuere übertragen werden, umgekehrt nur in Ausnahmefällen. Hat ein Kernkraftwerk seine zugeteilte Reststrommenge erzeugt, muss es abgeschaltet werden. Die getroffenen Abmachungen wurden durch das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität vom 22. April 2002 umgesetzt.[1]

Damals war vorgesehen, dass die ursprünglich 19 kommerziell genutzten Kernkraftwerksblöcke bis 2021 abgeschaltet werden. Zwei Kernkraftwerke, Stade und Obrigheim, wurden in den Jahren 2003 und 2005 abgeschaltet; der Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim sollte als letztes vom Netz gehen. Somit waren zum Ende der Regierungsbeteiligung der SPD im Jahr 2009 noch 17 kommerziell genutzte Kernkraftwerksblöcke und 11 Forschungsreaktoren, davon 6 Unterrichtsreaktoren, in Betrieb.

Die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag beschloss am 28. Oktober 2010 eine Laufzeitverlängerung, nachdem diese zuvor vom schwarz-gelben Bundeskabinett gebilligt wurde. Im Schnitt sollten die Kernkraftwerke zwölf Jahre länger in Betrieb sein als der Atomkonsens aus dem Jahr 2000, geschlossen zwischen der rot-grünen Regierung (Schröder/Fischer) und der Atomwirtschaft, vereinbart war. Am 8. Dezember 2010 wurde das Gesetz zur Laufzeitverlängerung von Bundespräsident Christian Wulff unterschrieben. Die SPD-geführten Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz reichten gegen dieses Gesetz am 28. Februar 2011 Klage beim Bundesverfassungsgericht ein.[2]

Aufgrund der Nuklearkatastrophe von Fukushima verkündete die Bundeskanzlerin am 15. März 2011 ein „Atom-Moratorium“, während dessen die sieben ältesten deutschen Atommeiler abgeschaltet werden sollten[3] – dies entsprach vermutlich nicht der Rechtslage, da die Regierung nicht ohne weiteres ein vom Parlament erlassenes Gesetz außer Kraft setzen darf.[4] Dieses Atom-Moratorium beinhaltete des Weiteren eine auf drei Monate befristete Aussetzung der Laufzeitverlängerung.[3][5] Der hiervon neben anderen betroffene Konzern RWE reichte am 1. April 2011 Klage gegen die Abschaltung des Kernreaktors Biblis A beim zuständigen Hessischen Verwaltungsgerichtshof ein. RWE berief sich auf die fehlende Rechtsgrundlage für das Moratorium.[6]

Mit dem Inkrafttreten der Novellierung des Atomgesetzes am 6. August 2011 verloren die sieben ältesten Kernkraftwerksblöcke Deutschlands sowie das Kernkraftwerk Krümmel die Erlaubnis zum Leistungsbetrieb. Der Plan, einen der Blöcke als Reserve vorzuhalten, wurde von der Bundesnetzagentur Ende August 2011 verworfen.[7] Die verbliebenen neun Blöcke hätten gemäß dem Atomgesetz bis spätestens 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden müssen. Wegen der Energiekrise aufgrund des Ukrainekriegs wurde diese Frist vom Bundestag (in Folge einer Regierungsvorlage) für die letzten drei Kernreaktoren Isar 2, Emsland A und Neckarwestheim 2 um 3,5 Monate verlängert.[8] Mit Ablauf des 15. April 2023 wurden die letzten drei Kernreaktoren vom Netz genommen.

  1. Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität. (PDF; 690 kB) 22. April 2002, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Oktober 2016; abgerufen am 5. Januar 2017.
  2. SPD und Grüne reichen Verfassungsklage ein. In: Spiegel Online. 28. Februar 2011, abgerufen am 5. Januar 2017.
  3. a b Sieben Kernkraftwerke gehen vorerst vom Netz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. März 2011, abgerufen am 5. Januar 2017.
  4. ARD-Beitrag (Memento vom 17. März 2011 im Internet Archive), "Kann die Regierung das einfach beschließen?" vom 16. März 2011, zuletzt abgerufen am 16. März 2011.
  5. So riskant sind die alten Reaktoren. In: stern.de. 15. März 2011, abgerufen am 5. Januar 2017.
  6. RWE klagt gegen Biblis-Abschaltung. In: Focus Online. 1. April 2011, abgerufen am 5. Januar 2017.
  7. Bundesnetzagentur wird den Reservebetrieb eines Kernkraftwerks nicht anordnen. In: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. 31. August 2011, abgerufen am 5. Januar 2017.
  8. Götz Hausding: Deutscher Bundestag - Bundestag beschließt AKW-Laufzeitverlängerung bis Mitte April 2023. Abgerufen am 18. Juli 2023.

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