Massenaussterben

KambriumOrdoviziumSilurDevonKarbonPermTriasJuraKreidePaläogenNeogen
Aussterbequoten im Lauf der letzten 542 Millionen Jahre
%
Millionen Jahre vor heute
KambriumOrdoviziumSilurDevonKarbonPermTriasJuraKreidePaläogenNeogen
Dargestellt ist der prozentuale Schwund an Gattungen meeres­bewohnender, fossil gut erhaltungs­fähiger Organismen an den Grenzen der geologischen Zeit­abschnitte. Die stärksten Ausschläge markieren jene Ereignisse, die gemeinhin als Massen­aussterben gelten. Die traditionellen „Big Five“ sind anklickbar beschriftet.

Ein Massenaussterben, auch Faunenschnitt oder Faunenwechsel genannt, ist ein in geologisch kurzen Zeitabschnitten von einigen tausend bis mehreren hunderttausend Jahren stattfindendes großes Artensterben, das sich vom normalen sogenannten Hintergrundaussterben ebenso deutlich abhebt wie von Massensterben: außergewöhnlichen, drastischen Verlusten von Individuen einer oder vieler Populationen einer Art innerhalb kurzer Zeit.

Im Verlauf der jüngeren Erdgeschichte fanden im Abstand von mehreren 10 Millionen Jahren immer wieder mehr oder weniger stark ausgeprägte Faunenwechsel statt. Diese anhand des Fossilberichtes nachvollziehbaren Ereignisse dienten historisch als Grundlage für die Ziehung der Grenzen zwischen den Epochen des Phanerozoikums in der geologischen Zeitskala (siehe auch Evolutionsgeschichte). Ab den 1970er Jahren wurde anhand geologischer, paläontologischer und paläoklimatologischer Befunde zunehmend nachgewiesen, dass diese Faunenumschwünge auf drastische Erhöhungen der Aussterberaten zurückzuführen sind, die in einem relativ schmalen geologischen Zeitfenster auftraten.[1]

Die in den vergangenen Jahrzehnten erzielten Fortschritte bei den radiometrischen Datierungs- und Nachweisverfahren führten zu einer erheblichen Zunahme der Messgenauigkeit. Dadurch wurde es möglich, verschiedene Massenaussterben zeitlich genauer einzugrenzen, relativ umfassend zu beschreiben und vorher unbekannte biologische und ökologische Krisen im Laufe der Erdgeschichte zu dokumentieren. In der Wissenschaft besteht kein eindeutiger Konsens bei der Definition eines Massenaussterbens. Einige Publikationen verwenden den Begriff nur bei einem Artenverlust[2] von 75 Prozent oder darüber, andererseits wird häufig jeder stärkere Einschnitt in die biologische Vielfalt als Massenaussterben bezeichnet.[3][4]

Verschiedene Expertengremien gehen davon aus, dass das sechste Massenaussterben in der Geschichte des Lebens bereits begonnen hat. Laut dem im Mai 2019 publizierten Globalen Bericht des Weltbiodiversitätsrats der UN-Organisation IPBES könnten eine Million Tier- und Pflanzenarten innerhalb der nächsten Jahrzehnte vom Aussterben bedroht sein. Ein direkter Vergleich dieses Massenaussterbens mit früheren erdgeschichtlichen Krisenzeiten ist insofern problematisch, da gegenwärtig anthropogene Faktoren dominieren. Der IPBES-Bericht nennt als Gründe für das aktuelle Aussterben – in der Reihenfolge ihres Ausmaßes – den Verlust von Lebensraum, Veränderungen in der Landnutzung, Jagd und Wilderei, den Klimawandel, Umweltgifte sowie das Auftreten von Neobiota.

  1. Richard J. Twitchett: The palaeoclimatology, palaeoecology and palaeoenvironmental analysis of mass extinction events. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Band 232, Nr. 2–4, März 2006, S. 190–213, doi:10.1016/j.palaeo.2005.05.019 (englisch, Online [PDF]).
  2. Der Artenverlust kann nicht nur durch eine erhöhten Aussterberate, sondern auch eine geringe Artbildungsrate mitverursacht werden, siehe Bond und Grasby (2017), S. 8, und Anthony D. Barnosky, Nicholas Matzke, Susumu Tomiya, Guinevere O. U. Wogan, Brian Swartz, Tiago B. Quental, Charles Marshall, Jenny L. McGuire, Emily L. Lindsey, Kaitlin C. Maguire, Ben Mersey, Elizabeth A. Ferrer: Has the Earth’s sixth mass extinction already arrived?. In: Nature. 471, Nr. 7336, März 2011, S. 51–52.
  3. Anthony D. Barnosky, Nicholas Matzke, Susumu Tomiya, Guinevere O. U. Wogan, Brian Swartz, Tiago B. Quental, Charles Marshall, Jenny L. McGuire, Emily L. Lindsey, Kaitlin C. Maguire, Ben Mersey, Elizabeth A. Ferrer: Has the Earth’s sixth mass extinction already arrived? In: Nature. Band 471, Nr. 7336, März 2011, S. 51–57, doi:10.1038/nature09678 (englisch).
  4. Richard K. Bambach: Phanerozoic biodiversity mass extinctions. In: Annual Review of Earth and Planetary Sciences. Band 34, Mai 2006, S. 127–155, doi:10.1146/annurev.earth.33.092203.122654 (englisch).

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