Politische Parteien in den Niederlanden

Modell des niederländischen Parteiensystems (2023), verfasst durch Kieskompas, basiert auf dem Konzept des politischen Kompasses. Links-rechts bedeutet die sozioökonomische Dimension, Progressiv-konservativ die soziokulturelle.
Mark Rutte, Führer der VVD, Ministerpräsident seit Oktober 2010. Er ist der erste liberale Regierungschef seit dem (parteilosen) Pieter Cort van der Linden, der von 1913 bis 1918 regierte.

Die politischen Parteien in den Niederlanden haben in dieser parlamentarischen Demokratie eine tragende Rolle. Da es bei den Wahlen keine Sperrklausel gibt, kommen relativ viele Parteien in die bedeutendere Zweite Kammer des niederländischen Parlaments. Im langjährigen Durchschnitt sind es etwa zehn. Theoretisch reichen 0,67 Prozent der Stimmen für einen Sitz aus. Neugründungen, Fusionen und Auflösungen finden daher häufiger statt als beispielsweise in Deutschland.

Mehrere Male in der nationalen Regierung waren vertreten:

  • Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD, 1948), die (rechten) Liberalen. Den „typischen Rechten“ vermutet man in den Niederlanden vor allem in dieser konservativ-liberalen bzw. wirtschaftsliberalen und immigrationsskeptischen Partei. Ihr politischer Führer Mark Rutte ist seit 2010 im Amt als erster liberaler Ministerpräsident seit 1918.
  • Partij van de Arbeid (PvdA, 1946), die Sozialdemokraten. Die PvdA war traditionell der stärkste Widerpart der konfessionellen Parteien. 2002 wurde ihre Fraktion erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr die größte oder zweitgrößte. Bei den Wahlen 2010 und 2012 lagen die Sozialdemokraten knapp hinter den Rechtsliberalen. PvdA-Ministerpräsident der jüngeren Geschichte war Wim Kok 1994–2002. Von 2007-2010 war Wouter Bos Juniorpartner unter Balkenende, 2012–2017 war es Diederik Samsom unter Rutte.
  • Christen-Democratisch Appèl (CDA, gegründet 1980, Wahlliste bereits 1977), die Christdemokraten der rechten Mitte. Der CDA hat die Ministerpräsidenten von 1977–1994 und 2002–2010 gestellt (zuletzt Jan Peter Balkenende). Lange Zeit hatte der CDA die meisten Stimmen erworben, fiel aber 2010 drastisch vom ersten auf den vierten Platz. 2012 verlor die Partei erneut und teilt sich mit SP, PVV und D66 das Niveau einer mittelgroßen Partei.
  • Democraten 66 (D66, 1966), die Sozialliberalen, die Partei der politischen Mitte. Sie lagen hinsichtlich der Wählerstimmen lange Zeit deutlich hinter den klassischen großen Drei zurück, gelangten aber 1973–1977, 1981/1982, 1994–2002, 2003–2006 und erneut ab 2017 in die Regierung. Bei der Parlamentswahl 2021 wurden sie erstmals zweitstärkste Kraft.
  • ChristenUnie (CU, 2001), eine christliche Partei, vertritt teils konservative, teils soziale Positionen. In den Jahren 2007 bis 2010 und seit 2017 stellte sie Minister.

Regierungserfahrung hatten ferner rechtssozialdemokratische DS'70 (1971/1972), linksalternative PPR (1973–1977) und rechtspopulistische LPF (2002–2003). Die rechtspopulistische PVV tolerierte von 2010 bis 2012 das Kabinett von Mark Rutte.

Seit 2002 konnten rechtspopulistische Parteien wie die PVV ihren Wähleranhang erheblich steigern. Hinzu kam 2017 Forum voor Democratie. Bereits seit 1918 existiert die ultracalvinistische Staatkundig Gereformeerde Partij, die allerdings noch nie in die Regierung gelangt ist. Auf der Linken ist die Socialistische Partij eine länger im Parlament vertretende Oppositionspartei, seit 2006 auch die Tierschutzpartei Partij voor de Dieren.

Die niederländische Parteienlandschaft ist vielfältig und von kleinen bis mittelgroßen Parteien geprägt. Die früheren Volksparteien der Christdemokraten und Sozialdemokraten sind in den Jahren nach 2010 auf dieses Niveau gefallen. Von der Größe her stechen nur noch die Rechtsliberalen von Mark Rutte hervor und erreichen weiterhin mehr als 20 Prozent der Stimmen.

Niederländische Parteien sind rechtlich wie Vereine organisiert. Sie müssen keinen besonderen Anforderungen genügen, auch nicht etwa demokratisch organisiert sein. Allerdings versucht der Staat über die Parteienfinanzierung die Herkunft der Mittel ansatzweise durchsichtig zu machen. Der Vorsitzende einer niederländischen Partei ist in der Regel nicht der politische Führer, dieser wird gesondert gewählt.


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