Resilienz (Soziologie)

Der Begriff der Resilienz (von lateinisch resilire: zurückspringen, abprallen, nicht anhaften) bezeichnet in der neueren Soziologie die Fähigkeit von Gesellschaften, externe Störungen zu verkraften, ohne dass sich ihre wesentlichen Systemfunktionen ändern.[1] Zudem wird das Konzept der Resilienz als Heuristik zur Analyse nichtlinearer sozialer und sozio-historischer Prozesse genutzt.[2]

Im Gesellschaftsdiskurs hat sich „Resilienz“ vor allem als Gegen- bzw. Komplementärbegriff zur „Vulnerabilität“ (Verwundbarkeit) etabliert. Im Vordergrund steht dabei die Frage nach der Widerstands- und Regenerationsfähigkeit von Gesellschaften angesichts komplexer und zunehmend unvorhersehbarer, auch von Menschen verursachter Risiken[3] und nicht funktionierender staatlicher Interventionen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Gesellschaften solche Risiken nicht nur bewältigen, sondern auch aus ihnen lernen, sich an zukünftige Herausforderungen anpassen und sich so transformieren können. Der Resilienzbegriff wird dabei ähnlich verwendet wie in der Ökosystemforschung[4] und zunehmend auch in den Ingenieurwissenschaften und der politischen Risikoforschung („Resilienzpolitik“). Er ist damit – wie auch sein Gegenbegriff der Vulnerabilität – ein Beispiel für die Ideenwanderung (travels of ideas) von Leitideen zum Funktionieren komplexer Systeme über disziplinäre Grenzen hinweg.[5][6]

  1. Sabine Blum, Martin Endreß, Stefan Kaufmann, Benjamin Rampp: Soziologische Perspektiven. In: Rüdiger Wink (Hrsg.): Multidisziplinäre Perspektiven der Resilienzforschung. Springer VS, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-09623-6, S. 151–177.
  2. Martin Endreß, Benjamin Rampp: Resilienz als Perspektive auf gesellschaftliche Prozesse. Auf dem Weg zu einer soziologischen Theorie. In: Martin Endreß, Andrea Maurer (Hrsg.): Resilienz im Sozialen. Theoretische und empirische Analysen. Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-05999-6, S. 33–55.
  3. J. Birkmann: Measuring Vulnerability to Natural Hazards: Towards Disaster Resilient Societies. United Nations Univ Pr, 2006.
  4. B. Walker, D. Salt: Resilience Thinking. Sustaining Ecosystems and People in a Changing World. 2006, ISBN 1-59726-093-2, S. 1.
  5. Barbara Czarniawska, Barbara, Bernward Joerges: Travels of ideas. In: Dies./Guje Sevón (Hrsg.): Translating organizational change. Berlin: de Gruyter 1996, S. 13–48.
  6. Stefan Kaufmann, Sabine Blum: Vulnerabilität und Resilienz. Zum Wandern von Ideen in der Umwelt- und Sicherheitsdiskussion. In: Roderich von Detten, Fenn Faber, Martin Bemmann (Hrsg.): Unberechenbare Umwelt. Zum Umgang mit Unsicherheit und Nicht-Wissen. Springer VS, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-531-94223-0, S. 91–120.

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