Sozialstaatsprinzip

Als Sozialstaatsprinzip (teilweise auch: Sozialstaatsgebot oder Sozialstaatspostulat) wird der verfassungsrechtliche Auftrag in Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes bezeichnet, nach dem die „Bundesrepublik Deutschland […] ein […] sozialer Bundesstaat“ ist. Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG werden die Bundesländer an die Grundsätze des sozialen Rechtsstaates gebunden. Aber auch außerhalb des Art. 20 GG bestehen im Grundgesetz Vorschriften, die normative Grundlagen des Sozialstaatsprinzips bilden, so beispielsweise die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 GG oder der Schutz- und Fürsorgeanspruch der Mutter gegenüber der Gemeinschaft nach Art. 6 Abs. 4 GG. Die Sozialstaatlichkeit ist durch die sogenannte Ewigkeitsklausel (Art. 79 Abs. 3 GG) vor Verfassungsänderungen gesichert.

Die sozialstaatliche Aktivität des Staates bezeugt sich durch den Katalog der Gesetzgebungskompetenzen in Art. 74 GG, die öffentliche Fürsorge ist in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG verbrieft und nimmt mangels konkret definierter Spezialzuständigkeiten in einer Vielzahl von Fällen die Stellung einer Generalklausel ein. Zum Zwecke der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, verankert einerseits Art. 72 GG die Unitarisierung und folglich eine soziale Gleichbehandlung der Bürger, andererseits wird die Finanzwirtschaft über das Grundgesetz verpflichtet, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu fördern und unterschiedliche Wirtschaftskräfte auszugleichen.

Dem Prinzip eines formalen liberalen Rechtsstaats folgend wird den Bürgern die rechtlich gesicherte Freiheit gewährleistet. Um die Freiheit real werden zu lassen, bedarf es der Ergänzung durch das Sozialstaatsprinzip. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet deshalb die öffentliche Gewalt, also den Gesetzgeber, die Rechtsprechung und die Verwaltung dazu, nach sozialen Gesichtspunkten zu handeln und die Rechtsordnung dementsprechend zu gestalten.

Das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland wird daher als Soziale Marktwirtschaft bezeichnet, da der Staat der Wirtschaft einen Ordnungsrahmen vorgibt, der für einen sozialen Ausgleich sorgen soll, während sich die Wirtschaft am Markt orientiert; dabei stellt die Marktorientierung das Gegenteil zur zentralen Planwirtschaft dar, während der soziale Aspekt negative Folgen einer reinen Marktwirtschaft abmildern beziehungsweise ganz verhindern soll.


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