Venezianische Diplomatie

Gesandtenempfang in der Sala del Collegio des Dogenpalasts, Francesco Guardi, 1770–1775

Der Schweizer Historiker Johannes von Müller gilt als Entdecker der Relazioni der venezianischen Gesandten. Berühmt wurden sie jedoch erst durch die Arbeiten Leopold von Rankes, der 1830 fünf Monate im Staatsarchiv arbeiten durfte.

Die Wurzeln der Diplomatie Venedigs lassen sich allerdings erheblich weiter zurückverfolgen, wenn sich Aussagen auch nur über die bedeutenderen Gesandtschaften und die ebenfalls im Verhandlungsverkehr auftretenden Leiter der Kaufmannskolonien machen lassen. Die Abstufung vom einfachen Überbringer eines Briefes zum dauerhaft etablierten Botschafter war noch durchlässig, wobei man von Botschaftern oder gar eigenen Botschaften erst im 15. Jahrhundert sprechen kann. Die Aufgabe wurde ausschließlich von Adligen wahrgenommen.

Entsprechend der venezianischen Verfassungsentwicklung beschlossen kleine, mündlich verhandelnde Gremien um den Dogen lange über Gesandtschaften, doch zog der Große Rat, später der Senat diese Zuständigkeit an sich. Damit wurde auch das Berichtssystem um eine schriftliche Komponente erweitert, aus der später die Relazioni hervorgingen. Ähnliches gilt für die Comissio, die die Verhandlungsbefugnisse des Gesandten schriftlich festhielt.

Da Gesandte mit Potentaten verhandelten, mussten sie eine angemessene, ostentative Freigebigkeit zur Schau tragen, was Venedig dazu veranlasste, Obergrenzen zu bestimmen, auf Reisen Sparsamkeit zu verordnen, zu kontrollieren und die Auslieferung aller Gegengeschenke zu verlangen. Zum Teil wurde die Finanzierung mittels Krediten erzielt, zum Teil wurden die Kosten auf die Amtsträger abgewälzt.

Besonders kompliziert war das Verhältnis zum Kaiser von Byzanz, der theoretisch und symbolisch immer noch die Weltherrschaft beanspruchte, was die Venezianer unterliefen, indem sie – entsprechend den guten oder schlechten Beziehungen – Teile der Rituale verweigerten.


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