Wucher auf dem Land

Der Wucher auf dem Land war eine Art des Wuchers in ländlichen Gebieten insbesondere zu Lasten von Kleinbauern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beschrieben wird er hier am Beispiel des Vorkommens auf preußisch beherrschten Territorien. Vergleichbare Entwicklungen gab es im gesamten deutschen Reichsgebiet. Dabei waren die Ausprägungen nur dadurch unterschiedlich, dass es in den östlichen Gebieten weniger Kleinbauern gab, da die dortigen Flächen infolge einer anderen historischen Entwicklung weitestgehend von Gutsherrn mit Landarbeitern bewirtschaftet wurden.

Der Wucher trat in verschiedenen Formen auf, wobei allen gemeinsam war, dass Geschäftsleute ihre wirtschaftliche und – bedingt durch die bessere Bildung – auch intellektuelle Überlegenheit ausnutzten. Aus Unwissenheit und Unerfahrenheit wurde eine Vielzahl kleinerer Landwirtschaftsbetriebe zahlungsunfähig bis hin zur Zwangsvollstreckung. Das 1880 erlassene Wuchergesetz und auch dessen novellierte Fassung 1893 kamen zu spät, als dass sie die Folgen des Wuchers hätten abmildern können.

Friedrich Wilhelm Raiffeisen

Für Friedrich Wilhelm Raiffeisen waren die Auswirkungen des Wuchers der wichtigste Grund, die nach ihm benannte sozialreformerische genossenschaftliche Raiffeisen-Bewegung zu begründen.

Die Begriffe ländlicher Wucher oder Wucher auf dem Land werden genutzt, obwohl es sich einzig um Wucher zulasten von Landwirten handelt. Da auch noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts fast alle Bewohner ländlicher Gebiete, einschließlich der Lehrer, Pfarrer und Ärzte, zumindest eine kleine Landwirtschaft haupt- oder nebenberuflich betrieben, gab es keine Unterscheidung zwischen ländlich und landwirtschaftlich. In der Literatur zu Friedrich Wilhelm Raiffeisen wird meist der Begriff Viehwucher zur Beschreibung benutzt.


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