Dispositiv

Unter Dispositiv (von französisch dispositif ‚Maßnahme, Vorrichtung, Handlungsplan; im internationalen Recht: Standpunktpapier einer Institution) versteht man in den Sozialwissenschaften im Anschluss an Michel Foucault eine Vielzahl von Vorkehrungen, die es erlauben, eine strategische Operation vor allem zum Zwecke der Ausübung von Macht durchzuführen. Dabei handelt es sich unter anderem, aber nicht ausschließlich um Motive, die sich in bestimmten Diskursen und gesellschaftlich für die Wahrheitsproduktion relevanten Institutionen manifestieren.

„Was ich unter […] [Disposition] festzumachen versuche ist erstens ein entschieden heterogenes Ensemble, das Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philanthropische Lehrsätze, kurz: Gesagtes ebenso wohl wie Ungesagtes umfasst. Soweit die Elemente des Dispositivs. Das Dispositiv selbst ist das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft werden kann. Zweitens möchte ich mit dem Dispositiv gerade die Natur der Verbindung deutlich machen […] Kurz gesagt gibt es zwischen diesen Elementen, ob diskursiv oder nicht, ein Spiel von Positionswechseln und Funktionsveränderungen […] Drittens verstehe ich unter Dispositiv eine Art von – sagen wir – Formation, deren Hauptfunktion zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt darin bestanden hat, auf einen Notstand (urgence) zu antworten. Das Dispositiv hat also eine vorwiegend strategische Funktion.“

Foucault: Dispositive der Macht[1]

Foucault entwickelte den Begriff im Rahmen seiner Diskursanalyse, vergleichbar damit ist etwa der Begriff eines historischen a priori. Grundlegend ist die Annahme, dass Verhalten, um als soziale Handlung wahrgenommen werden zu können, den Regeln des Dispositivs genügen muss, gerade auch als negativ oder unnormal bewertetes Verhalten.

Die von Foucault aufgezählten historischen Gegebenheiten betrachtet er als „Elemente“ des Gesamtdispositivs, das eine historische Einheit darstellt: Seine Geltung ist räumlich und zeitlich begrenzt und daran gebunden, dass seine Regeln befolgt und seine Institutionen benutzt werden. Dabei können einzelne Elemente auch Teil mehrerer Dispositive sein und auf ein neues Dispositiv vererbt werden, denn „Das Dispositiv ist das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft ist.“ (Foucault, Dispositive der Macht[1]) Dieses Netz kann als Entscheidungsraster verstanden werden, das die Überzeugungen der beteiligten Personen im Sinne der Wissenssoziologie hervorbringt und reguliert.

Ein an Foucault anschließender und erweiterter Dispositivbegriff wird von Gilles Deleuze vorgeschlagen, der die Dynamik und Ereignishaftigkeit innerhalb von Dispositiven in den Vordergrund stellt.[2]

  1. a b Michel Foucault: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Merve, Berlin 1978 (Neuaufl. 2000), ISBN 3-920986-96-2, S. 119 f.
  2. Gilles Deleuze: Was ist ein Dispositiv? In: François Ewald/Bernhard Waldenfels (Hrsg.): Spiele der Wahrheit. Michel Foucaults Denken. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1991, S. 153–162.

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