Wahlgeheimnis

Bundestagswahl 1961: Wähler vor einer Wahlkabine, die das Wahlgeheimnis sichern soll.

Das Wahlgeheimnis schützt den Wähler bei einer geheimen Wahl oder Abstimmung davor, dass seine Wahlentscheidung beobachtet wird oder nachträglich rekonstruiert werden kann. Die Sicherung des Wahlgeheimnisses ist einer der Wahlrechtsgrundsätze einer Demokratie. Ziel ist es, die Einschüchterung von Wählern und den Verkauf von Stimmen zu erschweren.

Die Geheimheit der Wahl scheint der Öffentlichkeit der Wahl zu widersprechen. Öffentlich werden aber Wahlen wie die Bundestagswahlen genannt, weil der Wahlakt an sich in der Öffentlichkeit stattfindet. Das Wahllokal ist öffentlich zugänglich, und das Wahlverfahren soll transparent und nachvollziehbar sein.

Um sicherzustellen, dass bei Scheinwahlen das von der Obrigkeit gewünschte Ergebnis entsteht, sind diese im Regelfall nicht geheim. So war das Wahlgeheimnis bei den „Wahlen“ zur Volkskammer in der DDR faktisch öffentlich. Zwar bestand die theoretische Möglichkeit, den Stimmzettel geheim auszufüllen und gegen die Einheitsliste zu stimmen. Jedoch wurde dieses Stimmverhalten registriert und der Wähler hatte bei abweichendem Verhalten Repressalien zu erwarten. Die weitaus überwiegende Zahl der Stimmen wurde daher offen abgegeben. Im Volksmund sprach man daher davon, man gehe „Zettel falten“, wenn man zur Wahl ging.[1]

Das Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE vom 29. Juni 1990 schreibt in Punkt 5.1 und 7.4 geheime Abstimmungen vor.[2]

Das Wahlgeheimnis, das bei Urnenwahlen auch in der Schweiz gilt, ist in Konflikt mit älteren Formen der Demokratie, die in der Schweiz bis heute praktiziert werden. In Gemeindeversammlungen und an Landsgemeinden stimmt und wählt das versammelte Volk durch Erheben der Hand. Jeder Stimmbürger kann also sehen, wie andere Stimmbürger um ihn herum stimmen oder wählen. Weil es in diesen alten Formen der Versammlungsdemokratie kein Wahlgeheimnis gibt, musste die Schweiz bei der Unterzeichnung verschiedener völkerrechtlicher Verträge (z. B. dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte), einen Vorbehalt anbringen. Der Konflikt relativiert sich, wenn man das versammelte Volk mit einem Parlament vergleicht. In Parlamenten wird oft namentlich abgestimmt.

  1. Siehe auch: Hans Michael Kloth: Vom „Zettelfalten“ zum freien Wählen. Die Demokratisierung der DDR 1989/90 und die „Wahlfrage“. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-212-3, S. 105, (Zugleich: Lüneburg, Universität, Dissertation, 1999), Online.
  2. Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE

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