Aberglaube

Die schwarze Katze, im Aberglauben ein Glücks- oder Unglücksbringer (unterschieden wird im Volksglauben die Laufrichtung). Schwarze Katzen und Hunde gelten in Tierheimen als schwer vermittelbar, da ihnen eine höhere Aggressivität unterstellt wird.

Aberglaube, seltener Aberglauben, bezeichnet einen „als irrig angesehenen Glauben an die Wirksamkeit übernatürlicher Kräfte in bestimmten Menschen und Dingen“[1] (zum Beispiel Hexerei oder Talismane[2]), unter anderem eine Vorstellung vom Wirken anthropomorph gedachter dämonischer Kräfte.[3] Aberglauben findet sich im Leben und Handeln von Menschen in allen Kulturen und Zeiten. Es gibt solche Vorstellungen sowohl in kulturell allgemein anerkannten kollektiven Denkmustern und Riten, zum Beispiel im Glauben an Glück oder Unglück bringende Symbole (Glücksbringer) oder in Spruchformeln (zum Beispiel „toi, toi, toi“), als auch individuell.[2]

Die Bezeichnung „Aberglaube“ (lateinisch superstitio)[4] wird negativ wertend auf Glaubensformen und religiöse Praktiken (Kulte) angewandt, die nicht dem als „richtig“ und „allgemeingültig“ empfundenen System kultureller Überzeugungen und Lehrmeinungen der „herrschenden“ Religion oder Weltanschauung[2] entsprechen.[5] Insofern kann er auch zur Beschreibung übertriebener Religiosität verwandt werden (superstitio – „Überglaube“).[6] In abrahamitisch-religiös geprägten Kreisen wird die Bezeichnung unter Gleichgesinnten zum Hinweis auf mangelnde theologische Bildung, aber auch zur Herabwürdigung volkstümlicher (vgl. etwa Volksfrömmigkeit) und okkulter Glaubensrichtungen verwendet.[7][8] „Aberglaube“ wurde zum Kampfbegriff nach der Aufklärung/Gegenaufklärung im 18. und 19. Jahrhundert innerhalb der (christlichen) Konfessionen (vgl. Kulturkampf), aber auch zum Werturteil für neu aufkommende spiritistische oder medizinische Methoden und Theorien wie den animalischen Magnetismus oder die Hypnose.[9] Da sich der Begriff von der jeweils herrschenden Welt- und Glaubenssicht her definiert, wird der Inhalt von dem jeweiligen wissenschaftlichen oder religiösen Standpunkt des Darstellers bestimmt.[10] Aus atheistischer Sicht ist jede Religion Aberglaube.[6]

Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wurde der Begriff weitgehend durch die über die kirchliche Begrifflichkeit hinausgehende Bezeichnung Volksglaube abgelöst.[5][11] Medizinischer Aberglaube[12] findet sich unter anderem in der Volksmedizin.[13][14][15] Das seit dem 16. Jahrhundert gebräuchliche Wort „Aberglaube“ diente dem Klerus zunehmend als Kampfbegriff gegen Häresie und Ketzertum und wurde im 19. Jahrhundert durch die entstandene Volkskunde erstmals positiv umgedeutet als Vorstellung der einfachen, aber auch unverbildeten Bevölkerung („Volksglaube“). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird besonders von Seiten der Humanwissenschaften versucht, die psychologischen und soziokulturellen Grundlagen des Aberglaubens zu erforschen.[2]

Der Begriff „Aberglaube“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch mit Unvernunft und Unwissenschaftlichkeit gleichgesetzt, steht dem lateinischen Begriff superstitio nahe und kann als „falsche Einsicht in die Natürlichkeit von Geschehnissen“ verstanden werden.[16]

Amulette und Talismane in einer Schaufensterauslage in Porto, Portugal
  1. Duden | Aberglaube | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft. Abgerufen am 29. Oktober 2022.
  2. a b c d Aberglaube aus dem Lexikon | wissen.de. Abgerufen am 29. Oktober 2022.
  3. Bernhard Dietrich Haage: Dichter, Drogen und Hexen im Hoch- und Spätmittelalter. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 4, 1986, S. 63–83, hier: S. 63 f.
  4. Viktor Cathrein: Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen, einschließlich der rechtlichen Ordnung. 2 Bände, 5., neu durchgearbeitete Auflage. Herder, Freiburg im Breisgau 1911, S. 50–52.
  5. a b Stichwort „Aberglaube“ in Pschyrembel Wörterbuch Sexualität. Walter de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-016965-7, S. 1.
  6. a b Christoph Auffarth: Aberglaube. In: Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien. J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005, Bd. 1, S. 5.
  7. Helmut Hiller: Lexikon des Aberglaubens. München 1986, S. 315.
  8. Rüdiger Hauth: Taschenhandbuch Esoterik: Von Bachblüten bis Yoga: Ein kritischer Leitfaden, S. 16.
  9. Aberglaube und Kritik im 18. und 19. Jahrhundert. Antiaufklärerische Tendenzen im Spannungsfeld von Obrigkeit und Volkskultur (Memento vom 4. Juli 2016 im Internet Archive), Forschungsprojekt der LMU zu München
  10. Hersperger, S. 156 f.
  11. Bernhard Dietrich Haage (1986), S. 64 f.
  12. Vgl. etwa Hugo Magnus: Der Aberglaube in der Medizin. Breslau 1903.
  13. Victor Fossel: Volksmedizin und Medicinischer Aberglaube in Steiermark. Graz 1886; Neudruck Wiesbaden 1974.
  14. Max Höfler: Volksmedizin und Aberglaube in Oberbayerns Gegenwart und Vergangenheit. München 1893; Neudruck Walluf/Nendeln 1976.
  15. Gottfried Lammert: Volksmedizin und medizinischer Aberglaube in Bayern und den angrenzenden Bezirken, begründet auf die Geschichte der Medizin und Cultur. Julien, Würzburg 1869.
  16. Dieter Harmening: Superstitio. Überlieferungs- und theoriegeschichtliche Untersuchungen zur kirchlich-theologischen Aberglaubensliteratur des Mittelalters. Erich Schmidt, Berlin 1979, S. 43.

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