Englische Romantik

Der als englische Romantik (romanticism oder romantic age) bezeichnete Abschnitt der englischen Literaturgeschichte umfasst einen relativ kurzen Zeitraum im Wesentlichen zwischen den Jahren 1798 und 1832–1837, dessen Grenzen und Übergänge jedoch fließend sind und nicht eindeutig festgeschrieben werden können.

William Blake (1757–1827, Porträt von Thomas Phillips, 1807)
William Wordsworth, Porträt von Benjamin Robert Haydon, 1842)
Samuel Taylor Coleridge (1772–1834)
John Keats (1795–1821), Gemälde von William Hilton, um 1822
Percy Bysshe Shelley (1792–1822, Gemälde von Alfred Clint, 1819
George Gordon Byron (1788–1824), Farbstich 1873

Als literaturgeschichtliche Epoche bezeichnet die englische Romantik vornehmlich die durch die poetischen Werke der sogenannten sechs großen Dichter (great six) Blake, Wordsworth, Coleridge, Keats, Shelley und Byron geprägte Minderheits- und Hochkultur in diesen Jahren, die – vom zeitgenössischen Lesepublikum weitgehend isoliert oder kaum wahrgenommen – die regelhafte Literatur des Klassizismus verwarf und sich zugleich als Gegenbewegung zur vorherrschenden vernunft- und wissenschaftsorientierten Weltanschauung und bürgerlichen Lebenswelt verstand. Zu den Vorläufern werden der folklorebegeisterte Keltomane James Macpherson, der Verfasser der schwermütigen „Nachtgedanken“ Edward Young und der Vertreter der Empfindsamkeit Thomas Gray gezählt.

Im Unterschied zur deutschen Romantik, in der insbesondere durch die Schriften der Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel der Begriff des Romantischen mit einer vollständigen Programmatik verbunden war, umfasste die Romantik in England keine in ähnlicher Weise geschlossene, programmatisch herausgehobene Bewegung, die alle Bereiche der Kunst und Kultur einschließlich der Musik und der Malerei beherrschte.

Sofern das Adjektiv romantic in der zeitgenössischen Kritik oder Literaturgeschichtsschreibung überhaupt benutzt wurde, wurde es vornehmlich auf eine Dichtung bezogen, die sich durch ein gesteigertes Interesse an der Natur, insbesondere an der wilden, unberührt erhabenen Natürlichkeit oder auch an der friedlichen, weltabgewandten Landschaft, auszeichnete.

Neben der romantischen Lyrik von Wordsworth, Coleridge, Keats oder Shelley, die das spätere Poesieverständnis des 19. Jahrhunderts maßgeblich beherrschte und bis heute nachwirkt, wurde die literarische Szene in der Entstehungszeit dieser Dichtungen zugleich durch aufklärerische Werke oder Romane beispielsweise von Jane Austen mit einer modernen realistischen Erzählweise bestimmt. Die zeitgenössische Kritik spöttelte zudem über die (von John Gibson Lockhart herablassend so bezeichnete) Cockney School (damit waren Hazlitt, Hunt und John Keats gemeint), die Lake Poets (Wordsworth, Coleridge) und die Satanic School (Byron, Shelley).

Die romantische Literatur, die in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der von Wordsworth und Coleridge herausgegebenen programmatischen Lyrical Ballads (1798) und dem Tode Walter Scotts (1832) erschien, wurde in der englischen Literaturgeschichtsschreibung erst viel später dem gemeinsamen epochalen Begriff der Romantik zugeordnet.[1]

Im Hinblick auf die außerordentlich intensive Wirkungsgeschichte dieser romantischen Dichter Englands ist trotz der erheblichen wechselseitigen Kritik und Unterschiede, wie sie etwa zwischen Byron und Wordsworth bestehen, eine unverwechselbare neue literarisch-kulturelle Strömung mit gleichermaßen revolutionären und antirevolutionären Elementen auszumachen.[2]

  1. Vgl. Hans Ulrich Seeber: Die Literatur der Romantik. In: Hans Ulrich Seeber (Hrsg.): Englische Literaturgeschichte. 4. erw. Aufl. J. B. Metzler, Stuttgart 2004, ISBN 3-476-02035-5, S. 230–262, hier S. 230 f. Siehe auch Bernhard Fabian (Hrsg.): Die englische Literatur. Band 1: Epochen und Formen. Deutscher Taschenbuchverlag, 3. Auflage München 1997, ISBN 3-423-04494-2, S. 135 ff.
  2. Vgl. Hans Ulrich Seeber: Die Literatur der Romantik. In: Hans Ulrich Seeber (Hrsg.): Englische Literaturgeschichte. 4. erw. Aufl. J. B. Metzler, Stuttgart 2004, ISBN 3-476-02035-5, S. 230–262, hier S. 230 f.

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