Estado Novo (Portugal)

Der Begriff Estado Novo (portugiesisch für Neuer Staat), auch Salazarismus genannt (salazarismo), war die Selbstbezeichnung der von António de Oliveira Salazar gegründeten „ständestaatlich“ orientierten autoritären Diktatur in Portugal zwischen Anfang der 1930er Jahre und 1974.

Am 28. Mai 1926 putschte sich General Gomes da Costa an die Macht; damit endete die Erste Republik. Der Übergang von der Militärdiktatur in den Estado Novo war fließend. Mehrere Daten wurden als dessen Beginn genannt: der 28. Mai 1930, als Salazar, damals noch Finanzminister, in einer Grundsatzrede erstmals vom Estado Novo sprach, der 5. Juli 1932, als Salazar zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, und der 11. April 1933, als die neue Verfassung des Estado Novo in Kraft trat.

Erstmals erwähnt wurde der Estado Novo in zwei Reden Salazars am 28. Mai und 30. Juni 1930. Die 1933 von Salazar diktierte neue Verfassung schuf den Estado Novo. Sie sah einen alle sieben Jahre direkt gewählten Präsidenten sowie einen vom Präsidenten ernannten Ministerpräsidenten vor. Nachdem das Parlament jahrelang überhaupt keine Rolle gespielt hatte, beschränkte die neue Verfassung das Wahlrecht für Analphabeten, die nur wählen durften, wenn sie einen bestimmten Mindestbetrag an Steuern zahlten. Das Wahlrecht für Frauen, das 1931 eingeführt worden war, war an eine höhere Bildung gebunden. Ein Sitz im Parlament, der Assembleia Nacional, war nur für Mitglieder der einzig zugelassenen Partei, der Nationalen Union (União Nacional, UN), zugänglich. Andere Parteien wurden verboten; oppositionelle Kräfte wurden von der 1933 gegründeten geheimen Staatspolizei (PIDE) verfolgt.

Der Estado Novo war vorwiegend das Werk Salazars und nicht das einer breiteren politischen Bewegung. Salazars Politik im Estado Novo war bestimmt durch die Verfolgung politischer Gegner und den Ausgleich der unterschiedlichen Interessengruppen der das Regime stützenden Machtpole: der katholischen Kirche, des Militärs, der Wirtschaft, der Großgrundbesitzer und der Kolonien. Als strenggläubiger Katholik stärkte Salazar die katholische Kirche in Portugal – auch durch ein 1940 mit dem Heiligen Stuhl geschlossenes Konkordat. Dieses führte den Religionsunterricht an staatlichen Schulen wieder ein. Die Kirche wurde zu einer wichtigen Säule des Estado Novo, auch wenn sie in den letzten Jahren der Diktatur eine kritischere Position einnahm, vor allem in Gestalt des Bischofs von Porto, António Ferreira Gomes (1906–1989).[1]

Die ausbrechenden Unabhängigkeitskriege in den portugiesischen Kolonien in Afrika (in Angola 1959 bis 1964 und 1972 bis 1973) führten zu einer zunehmenden Unzufriedenheit der Bevölkerung und des Militärs. Eine teilweise linksgerichtete Bewegung des Militärs (Movimento das Forças Armadas – MFA) erhob sich in der Nelkenrevolution am 25. April 1974 und stürzte das Regime unter Salazars Nachfolger Marcelo Caetano, womit der Estado Novo endete.

Die Nelkenrevolution verdankt ihren Namen den roten Nelken, die vielen aufständischen Soldaten in die Gewehrläufe gesteckt wurden. Vier Menschen starben, als regimetreue Truppen auf unbewaffnete Demonstranten schossen.

Die Griechische Militärdiktatur endete wenig später (23. Juli 1974), und auch der spanische Franquismus endete, als Franco im Oktober 1975 mehrere Herzinfarkte erlitt und vier Wochen später starb.

  1. Franka Welz: 50 Jahre Nelkenrevolution in Portugal. (mp3-Audio; 28 MB; 29:53 Minuten) In: SWR-Kultur-Sendung „Glauben“. 28. April 2024, abgerufen am 29. April 2024 (Minute 13:10–21:00).

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