First Nations

Totempfahl in Victoria (British Columbia)

Als First Nations (französisch Premières Nations, deutsch Erste Nationen) werden über 600 verschiedene indigene Völker in Kanada bezeichnet, ausgenommen die Métis (Nachkommen von Cree und Europäern) und die im Norden lebenden Inuit. Sollen diese ebenfalls eingeschlossen werden, werden gelegentlich die Begriffe First Peoples und Premiers Peuples (Erste Völker) oder Aboriginal Peoples und Peuples aborigènes (Ureinwohnervölker) gebraucht; in den letzten Jahren spricht man häufiger von Autochthon Peoples und Peuples autochtones in beiden Hauptsprachen Kanadas.[1] Im deutschen Sprachraum werden die First Nations zu den Indianern Nordamerikas gerechnet.

Häufig wird mit dem Begriff First Nations keine ethnische Zuordnung vorgenommen, sondern eine politische, was manchmal dazu führt, dass damit die Regierung der jeweiligen Ethnie gemeint ist. Auch werden damit gelegentlich Individuen bezeichnet – in der Form First Nations People –, doch ist die Bezeichnung Indianer hier viel häufiger anzutreffen. Allerdings ist der Begriff im englischsprachigen Amerika umstritten,[2] im Gegensatz zum deutschen Begriff.

Der Begriff First Nations tauchte wohl Anfang der 1980er Jahre erstmals auf. Damit wurde ein Begriff geschaffen, der sich von dem in Kanada ebenfalls gebräuchlichen Begriff Indian Tribe oder Band erheblich unterscheidet. Das gilt allerdings weniger für den Gebrauch im Alltag als für den juristischen und den politischen Bereich. Eine Nation kann sich auf das Völkerrecht berufen, das häufig als „internationales Recht“ bezeichnet wird, eine ethnische Gruppe nur auf Minderheitenschutz.

Von den rund 700.000 Menschen, die sich als Indianer verstehen, zählen etwa 565.000 zu den 617 vom Staat anerkannten Stämmen (Stand: Anfang 2014), von denen allein fast 200 in British Columbia leben. Nur sie gelten im Sinne des zuständigen Ministeriums, des Department of Indigenous and Northern Affairs, juristisch als Indians. Etwa 133.000 gehören keinem Stamm an, gehören also ebenso zu den First Nations und sind dennoch im juristischen Sinne keine Indianer. Der Staat bestimmt also, ob eine Gruppe einen Stamm darstellt und ob ein Angehöriger einer First Nation ein Indianer ist. Dieser Definitionsgewalt setzt der Begriff der First Nations das Bestimmungsrecht der Ureinwohner entgegen. Zudem ist der staatliche Gebrauch außerhalb der Rechtssphäre unpräzise.

In jüngster Zeit werden die Indianer in den USA, die als American Indians oder Native Americans, in Alaska als Alaska Natives, manchmal als Locals bezeichnet werden, analog zu First Nations als First Americans bezeichnet.

  1. Diese Website eines "Centre d'information sur la santé autochthone" versucht, wahlweise in Englisch oder Französisch, die wichtigsten Bezeichnungen zu definieren, nach dem Stand von 2005. Die übrigen Seiten in der Sitemap führen leider ins Nichts.
  2. Lenore Keeshig-Tobias, Ojibwa, meinte 1990: „How I loathe the term ‘Indian’ … ‘Indian’ is a term used to sell things – souvenirs, cigars, cigarettes, gasoline, cars. … ‘Indian’ is a figment of the white man’s imagination.“ („Wie ich das Wort ‚Indianer‘ verabscheue … ‚Indianer‘, das wird benutzt, um etwas zu verkaufen – Andenken, Zigarren, Zigaretten, Benzin, Autos. … Der ‚Indianer‘ ist ein Phantasieprodukt des Weißen Mannes.“). Zitiert aus The New Zealand Digital Library, deutsch nach Phillip Wearne: Die Indianer Amerikas, Göttingen 1996, ISBN 3-88977-455-5, S. 21.

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