Gewaltfreie Aktion

Gewaltfreie Greenpeace-Aktion gegen Esso

Als gewaltfreie Aktion (englisch nonviolent action) werden alle politischen oder sozialen Widerstands- und Auseinandersetzungsformen bezeichnet, die bewusst auf Gewalt gegen andere Menschen verzichten.

Gene Sharp hat die Methoden der gewaltfreien Aktion in folgende Untergruppen klassifiziert:

Das Spektrum der von ihm zusammengestellten 198 Aktionsformen[1] reicht von Protestschreiben und Flugblättern über Demonstrationen, Kundgebungen, Straßentheater, Aufrufen zum Konsumentenboykott, Streiks, „Dienst nach Vorschrift“ bis hin zu kalkulierten Regelverletzungen wie Sitzstreiks, Sit-ins und bestimmten Formen der Sachbeschädigung.[2]

Emmeline Pankhurst entwickelte ein Konzept des gewaltfreien Widerstands für die Frauenbewegung, das auch Hungerstreikaktionen umfasste. Wenn bewusst Methoden eingesetzt werden, die in dem betreffenden Land gesetzeswidrig sind, handelt es sich um zivilen Ungehorsam. Je nach Rechtssystem und Regierung des Landes, in dem diese Methoden angewendet werden, können die genannten Aktionsformen zu direkten Gewaltreaktionen staatlicher Kräfte führen und strafrechtliche Konsequenzen für die Beteiligten haben.

Eine weitere Perspektive der gewaltfreien Aktion kann die gewaltfreie Revolution darstellen.[3] Der Begriff entstand nach dem Zweiten Weltkrieg im Zusammenhang mit der Herausbildung der Neuen Linken vor allem in Europa und Nordamerika und vereinigt zwei politik-theoretische Strömungen, nämlich die pazifistische Tradition der Gewaltfreiheit und die sozialrevolutionäre Tradition der Arbeiterbewegung. Es entsteht eine Verbindung von Gewaltkritik und Staatskritik, die in sozialen Bewegungen wirksam wird.[4] Theoretische Wurzeln finden sich im Anarchosyndikalismus, im Unionismus der Industrial Workers of the World[5] und im Pazifismus.[6] In Deutschland ist es vor allem die Graswurzelbewegung um die anarchopazifistische Zeitschrift Graswurzelrevolution, die eine gewaltfreie Revolution[7] anstrebt.[8][9]

  1. Gene Sharp: 198 Methods of nonviolent Action. (PDF) Albert Einstein Instition, 1973, abgerufen am 17. Februar 2023 (englisch). Abrufbar in 198 Methods of Nonviolent Action. In: Digital Library of Nonviolent Resistance. (englisch).
  2. Gene Sharp: Von der Diktatur zur Demokratie – Ein Leitfaden für die Befreiung. Das Lehrbuch zum gewaltlosen Sturz von Diktaturen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56817-6, S. 101.
  3. George Lakey, Michael Randle: Gewaltfreie Revolution – Beiträge für eine herrschaftslose Gesellschaft. Vorwort von Ossip K. Flechtheim, Nachwort von Christian Bartolf. Hrsg.: Wolfram Beyer. OPPO-Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-926880-01-5.
  4. Gernot Jochheim: Antimilitarismus und Gewaltfreiheit. Die niederländische Diskussionen in der internationalen anarchistischen und sozialistischen Bewegung 1890-1940. Hrsg.: Wolfram Beyer. Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2021, ISBN 978-3-939045-44-1.
  5. Gisela Bock: Die andere Arbeiterbewegung in den USA 1905–1922. Die Industrial Workers of the World. Trikont, München 1976, ISBN 3-88167-005-X.
  6. Scott H. Bennett: Radical pacifism : the War Resisters League and Gandhian nonviolence in America, 1915–1963. Syracuse University Press, Syracuse, N.Y. 2003, ISBN 0-8156-3028-X (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 17. Februar 2023]).
  7. Howard Clark: Gewaltfreiheit und Revolution. Wege zur fundamentalen Veränderung der Gesellschaft. Verlag Internationale der Kriegsdienstgegner/innen, IDK, Berlin 2014, ISBN 978-3-9816536-1-8.
  8. Zur Gründung und Namensfindung siehe: Bernd Drücke: graswurzelrevolution. Eine lebendige “Institution”. Zur Geschichte und Zukunft der Graswurzelbewegung und ihres Organs. Ein Interview mit GWR-Mitbegründer Wolfgang Hertle. In: Graswurzelrevolution. Nr. 289, Mai 2004 (graswurzel.net).
  9. Vgl. ausführlich: Wolfgang Hertle: Graswurzelrevolution in der Bundesrepublik? Ansätze einer Bewegung für gewaltfreie Gesellschaftsveränderung durch Selbstorganisation und Macht von unten. In: Vorgänge. Nr. 31, Februar 1978, S. 85–91 (divergences.be [PDF]). und: Matthew M. Lyons: The ‚grassroots’ network. Radical nonviolence in the Federal Republic of Germany 1972-1985 (= Center for International Papers [Hrsg.]: Western Societies Programm Occasional Paper. Band 20). Cornell University, Ithaca, New York 1988 (divergences.be).

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