Hermeneumata

Hermeneumata (altgriechisch Ἑρμηνεύματα Hermēneúmata „Übersetzungen“) ist eine Bezeichnung für antike griechisch-lateinische Unterrichtswerke. Sie dienten dazu, elementare Kenntnisse der jeweils anderen Sprache zu vermitteln. Aufgrund eines Missverständnisses aus dem 17. Jahrhundert werden sie auch als Hermeneumata Pseudo-Dositheana bezeichnet. In einigen mittelalterlichen Handschriften folgen sie nämlich auf die ebenfalls zweisprachige ars grammatica des Dositheos.[1] Die erhaltenen Werke haben folgenden typischen Aufbau: Auf eine alphabetische Vokabelliste, meist Verben, folgen nach Sachgebieten geordnete Vokabellisten (Capitula), meist Substantive, und lebendige Dialoge (Colloquia). Manche Manuskripte enthalten auch Beispieltexte mit Übersetzung: unter anderem Fabeln Äsops, Kaiser Hadrian zugeschriebene Aussprüche, mythologische Informationen (Hyginus, Genealogiae) oder philosophische Aufgaben nebst treffender Antworten (Responsa sapientium). Vorausgesetzt sind die Verhältnisse der römischen Kaiserzeit, nicht vor dem 1. Jahrhundert n. Chr. und nicht später als das 3. Jahrhundert. Das Christentum spielt keine Rolle, die Hauptgottheit ist Iuppiter Capitolinus.

Die Dialoge der Hermeneumata irritieren dadurch, dass sie teilweise den Alltag eines Schulkinds darstellen, teilweise aber Gesprächssituationen aus der Erwachsenenwelt. Das Schulbuch stammte wahrscheinlich aus dem Westen und vermittelte Jungen aus der Oberschicht Grundkenntnisse des Griechischen. Es wurde mit Sprachführer-Dialogen zusammengearbeitet, die aus dem Osten des Reichs stammten und erwachsenen griechischen Muttersprachlern Latein und römische Lebensart vermitteln sollten. Mit diesen Texterweiterungen kehrte das Schulbuch in den lateinischen Westen zurück. Während es hier über die Spätantike hinaus weiter zum Griechischunterricht diente, bestand im Byzantinischen Reich offenbar kein Bedarf an derartigen Materialien für den Lateinunterricht.

Die Hermeneumata sind in rund 50 mittelalterlichen Handschriften und frühen Drucken überliefert; alle stammen aus Lateineuropa. Da die Kopisten das Griechische nur schlecht beherrschten, wurde der griechische Text fehlerhaft überliefert, in einer Version sogar lateinisch transkribiert.[2]

  1. Johannes Tolkiehn (Hrsg.): Dosithei ars grammatica. Dieterich, Leipzig 1913 (Digitalisat).
  2. Kalle Korhonen: On the composition of the Hermeneumata language manuals, 1996, S. 102.

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