Holocaust (Begriff)

Leichenverbrennung durch das Sonderkommando KZ Auschwitz-Birkenau, August 1944

Der Begriff Holocaust stammt vom griechischen Partizip ὁλόκαυστος holókaustos, das „vollständig verbrannt“ bedeutet und seit etwa 2500 Jahren bekannt ist. Das zugehörige Substantiv ὁλοκαύτωμα (holocaútōma) bezeichnete im Altertum eine Brandopferung von Tieren. Die Latinisierung holocaustum ging über verschiedene Bibelübersetzungen zuerst in den französischen (l’holocauste) und englischen (the holocaust) Wortschatz, von da aus auch in andere europäische Sprachen ein.

Seit dem 12. Jahrhundert bezeichnete holocaustum auch Feuertode vieler Menschen als Brandkatastrophen oder Verbrennungen. Ab 1895 bezeichneten englischsprachige Autoren Massaker an den Armeniern als holocaust. Damit wurde der Ausdruck erstmals auch für Massenmorde an einer Ethnie verwendet, die nach 1945 als „Völkermord“ (Genozid) bezeichnet und rechtlich definiert wurden. Seit 1942 wurden zuerst im Vereinigten Königreich auch Massenmorde von Nationalsozialisten an Juden holocaust genannt.

Als der Holocaust (nun auch im Englischen mit bestimmtem Artikel und großem H) wird seit etwa 1960 in den Vereinigten Staaten und seit 1978 auch in der Bundesrepublik Deutschland und vielen weiteren Staaten Europas der Massenmord an etwa sechs Millionen europäischen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet. Die Nationalsozialisten bezeichneten diesen als „Endlösung der Judenfrage“ und rechtfertigten ihn mit ihrem zur Staatsideologie erhobenen Rassen-Antisemitismus. Der Judenmord wurde mit staatlichen Mitteln organisiert, systematisch auch mit industriellen Methoden durchgeführt und zielte auf die Ausrottung aller Juden in Europa.

Israelis und Teile der westlichen Öffentlichkeit bezeichnen dieses Ereignis seit 1948 auch als (die) Shoa (hebräisch für „Katastrophe, Untergang, Zerstörung“).

Das Wort Holocaust und sein Bedeutungswandel wurden in der Holocaustforschung und Erinnerungskultur zu einem Diskussionsthema. Erörtert wurde, ob es wegen seiner Herkunft als Bezeichnung für die Judenvernichtung geeignet ist und ob es nur diese bezeichnen oder auch andere NS-Massenmorde umfassen sollte.[1] Es wird heute nur selten für die „Gesamtheit der Repressions- und Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten gegen alle Opfergruppen“ verwendet.[2] Manche Historiker bezeichnen den NS-Massenmord an den Roma (Porajmos) als Teil des Holocaust oder als „Roma-Holocaust“. Sie erkennen diesen damit als gleichrangig mit der Judenvernichtung an.[3] Demgegenüber wird das Bezeichnen anderer Völkermorde oder Massentötungen als „Holocaust“ oft als Verharmlosung oder Relativierung der Judenvernichtung kritisiert.

  1. Debatten um Singularität und Opferkonkurrenz. In: Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der 'Vergangenheitsbewältigung' in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 3-89942-773-4, S. 318f.
  2. Sascha Feuchert: Holocaust-Literatur. Auschwitz: Für die Sekundarstufe 1. Reclam, Ditzingen 2000, ISBN 3-15-015047-7, S. 15.
  3. Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933–1945. Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15158-5, S. 64 und 111; David M. Crowe: The Roma Holocaust. In: F. C. DeCoste, Bernard Schwartz (Hrsg.): The Holocaust’s Ghost: Writings on Art, Politics, Law and Education. University of Alberta Press, Edmonton 2000, ISBN 0-88864-337-3, S. 179–202.

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