Hunnen

Hunnische Schuhschnalle, 4. Jh.
Hunnischer Granat-Armreif, 5. Jh.

Hunnen ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe der zentralasiatischen Reitervölker mit nomadischer, später halbnomadischer Lebensweise. Ihre genaue Herkunft und Ethnizität ist in der modernen Forschung umstritten.[1]

Die wenigen Sprachüberreste erlauben keine präzise Zuordnung: Einige Forscher gehen davon aus, dass die Hunnen eine Turksprache oder eine andere altaische Sprache sprachen.[2] Andere Forscher gehen von einer heute ausgestorbenen Sprache aus bzw. bezweifeln die Möglichkeit einer exakten Zuordnung.[3] Ebenso ist unsicher, ob der Begriff Hunnen eine klar umrissene Gruppe von Stämmen bezeichnete. In der modernen Forschung wird vielmehr oft angenommen, dass es sich bei der Bezeichnung Hunnen um einen in der eurasischen Steppenregion verbreiteten Prestigenamen für ansonsten heterogen zusammengesetzte Gruppen nomadischer Reiterkrieger handelte.[4] In diesem Sinne wurde der Begriff Hunne von einigen oströmischen Geschichtsschreibern als ethnographischer Begriff für ganz verschiedene später auftauchende Reitervölker aus dem eurasischen Steppenraum benutzt.

Fest steht nur, dass die in spätantiken Quellen als „Hunnen“ bezeichneten Stämme um die Mitte des 4. Jahrhunderts im Raum zwischen den Flüssen Don und Wolga lebten und schließlich nach Westen vorstießen, wobei sie nicht unter einheitlicher Führung agierten. Sie fielen ab 375/76 mit dort unbekannter Reiterkampftechnik in Europa ein (siehe Völkerwanderung) und spielten in der spätantiken Geschichte noch bis ins späte 5. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Im frühen 5. Jahrhundert errichteten sie an der Donau ein Steppenreich zwischen West- und Ostrom. Unter Attila erreichte ihre Macht den Höhepunkt, wobei die Hunnen allerdings ökonomisch stets auf erzwungene römische Tributleistungen angewiesen waren. Nach Attilas Tod 453 und dem Zerfall seines Reichs zerstreuten sich die Hunnen wieder weitgehend; hunnische Hilfstruppen in oströmischen Diensten und als hunnisch bezeichnete Gruppen im nördlichen Schwarzmeerraum sind jedoch noch im 6. Jahrhundert belegt.

  1. Siehe allgemein die fachwissenschaftlichen Beiträge in dem Ausstellungskatalog Bodo Anke, Heike Externbrink (Red.): Attila und die Hunnen. Stuttgart 2007.
  2. So Maenchen-Helfen: Die Welt der Hunnen. Wiesbaden 1997, S. 255 ff. (ein großer Teil der Hunnen sei turksprachig gewesen). In Frage käme vor allem eine oghurische Sprache, so Omeljan Pritsak: The Hunnic Language of the Attila Clan. In: Harvard Ukrainian Studies. Bd. 6, Nr. 4, 1982, S. 428–476, speziell S. 470 f., Digitalisat (PDF; 7,13 MB) (Memento vom 3. Februar 2014 im Internet Archive), der davon ausgeht, dass die Sprache der Hunnen mit der alttürkischen Sprache, der Sprache der Protobulgaren und dem damit eng verwandten Tschuwaschischen, aber auch mit der altmongolische Sprache eng verwandt ist. Vgl. die Literaturhinweise (zustimmende und ablehnende) bei Timo Stickler: Aëtius. Gestaltungsspielräume eines Heermeisters im ausgehenden Weströmischen Reich (= Vestigia. Bd. 54). Beck, München 2002, ISBN 3-406-48853-6, S. 92, Anmerkung 469 (zugleich: Würzburg, Universität, Dissertation, 2000).
  3. Gerhard Doerfer: Zur Sprache der Hunnen. In: Central Asiatic Journal. Bd. 17, Nr. 1, 1973, S. 1–50. Skeptisch bezüglich einer genauen Zuordnung ist unter anderem Timo Stickler: Die Hunnen. München 2007, S. 23.
  4. Vgl. etwa Hans Wilhelm Haussig: Die Geschichte Zentralasiens und der Seidenstraße in vorislamischer Zeit. 2. Aufl. Darmstadt 1992, S. 140–142; Timo Stickler: Die Hunnen. München 2007, S. 24 ff. Den in ethnisch-sprachlicher Hinsicht heterogenen Charakter von politischen Gruppen der Steppenzone betont auch Hyun Jin Kim: The Huns. New York 2016, S. 4 ff.

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