Klimawandelleugnung

Jim Inhofe 2015 bei einer Senatsrede, bei der er mit einem Schneeball gegen die Existenz der globalen Erwärmung argumentierte
Proteste gegen die Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung beim Climate March im April 2017 in Washington, D.C.
Kritik an der Klimawandelleugnung von Banksy

Die Klimawandelleugnung (teils auch als Klimaleugnung, Klimawissenschaftsleugnung oder Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung bezeichnet) ist eine Form der Wissenschaftsleugnung, die durch das Ablehnen, Nicht-wahrhaben-Wollen, Bestreiten oder Bekämpfen des wissenschaftlichen Konsenses der Klimaforschung zur gegenwärtig stattfindenden globalen Erwärmung gekennzeichnet ist. Hierzu zählen insbesondere die Trendleugnung, also das Abstreiten, dass sich die Erde zurzeit erwärmt, die Ursachenleugnung, also das Abstreiten, dass der Effekt menschengemacht ist, und die Folgenleugnung, also das Abstreiten, dass die Erwärmung große gesellschaftliche und ökologische Probleme zur Folge hat. Neben diesen drei Grundkategorien wird häufig auch die Konsensleugnung hinzugezählt, also das Bestreiten, dass die Kernaussagen in der Forschung seit langem unstrittig sind. Unter anderem als Selbstbezeichnung werden auch Klimawandelskepsis, Klimaskepsis und Klimaskeptizismus genutzt.

Trotz des seit spätestens Anfang der 1990er Jahre[1][2] herrschenden Konsenses in der Wissenschaft, der unter anderem von allen wissenschaftlichen Akademien aller großen Industriestaaten geteilt wird,[3] lehnen Teile der Öffentlichkeit bis heute weiterhin die Existenz der menschengemachten globalen Erwärmung ab, insbesondere in manchen angelsächsischen Staaten. Deutlich ausgeprägt ist die Ablehnung in Staaten, in denen mit großem finanziellen Einsatz durch Unternehmen, vor allem aus den Bereichen der Gewinnung und Verwertung fossiler Energien, aus wirtschaftlichen Gründen eine einflussreiche Gegenbewegung geschaffen wurde, deren Ziel es ist, die Existenz des wissenschaftlichen Konsenses durch bewusstes Säen von Zweifeln zu untergraben.[4] Unterschieden werden kann daher zwischen „naiver Leugnung“ von Laien, die auf Unkenntnis der wissenschaftlichen Literatur beruht, und „motivierter Leugnung“ durch Personen und Organisationen, die Zugang zu den relevanten Informationen besitzen.[5]

Es existiert ein fließender Übergang zwischen aufrichtiger Klima(wandel)skepsis und echter Leugnung, wobei Klima(wandel)skeptiker für rationale Argumente offen sind, während sich Klima(wandel)leugner Argumenten verschließen.[6] Gegner der Klimaforschung reklamieren typischerweise für sich, dass sie im Namen des Skeptizismus die „solide Wissenschaft“ gegen die vermeintlich politisierte „Mainstream-Klimaforschung“ verteidigen würden; eine Argumentationsstrategie, die in ähnlicher Weise bereits u. a. von der Tabakbranche zum Bestreiten der Gesundheitsschädlichkeit des Rauchens genutzt wurde.[7] Tatsächlich ist das Bestreiten wissenschaftlicher Erkenntnisse der Klimaforschung jedoch kein Skeptizismus im wissenschaftlichen Sinn, sondern vielmehr ein (zum Teil organisiertes) Verleugnen der menschengemachten globalen Erwärmung. Aus einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen geht hervor, dass der Klimaschutz häufig aus politischen und ideologischen Motiven bekämpft wird.[8] Bei der Leugnung des menschengemachten Klimawandels handelt es sich um eine Form von Pseudowissenschaft, die Ähnlichkeiten aufweist mit weiteren Formen der Wissenschaftsleugnung wie beispielsweise dem Bestreiten der Gültigkeit der Evolutionstheorie oder der gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Rauchens bis hin zum Glauben an Verschwörungstheorien. Zum Teil bestehen zwischen diesen genannten Formen der Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse personelle, organisatorische und ökonomische Verbindungen. Ein zentrales Verbindungsmuster ist unter anderem die beständige Fabrizierung künstlicher Kontroversen wie der vermeintlichen Kontroverse um die globale Erwärmung,[9] bei der es sich, entgegen der Annahme in der Öffentlichkeit, nicht um eine wissenschaftliche Diskussion handelt, sondern vielmehr um die bewusste Verbreitung von Falschbehauptungen durch Klimaleugner.[10] Die Literatur, die den Klimawandel bestreitet, wurde mehrheitlich ohne Peer-Review publiziert, erfüllt üblicherweise keine wissenschaftlichen Qualitätsstandards, wurde zum großen Teil von Organisationen und Unternehmen finanziert, die von der Nutzung fossiler Energieträger profitieren, und steht in Verbindung mit konservativen Think Tanks.[11] Die Verleugnung der Klimaforschung gilt als die „mit Abstand am stärksten koordinierte und finanzierte Form der Wissenschaftsleugnung“ und stellt zugleich das Rückgrat der Anti-Umweltbewegung und ihrer Gegnerschaft gegen die Umweltforschung dar.[12]

Die hinter diesem Vorgehen stehende „organisierte Klimaleugnerszene“ setzt sich unter anderem aus konservativen Think Tanks, verschiedenen politischen Frontgruppierungen sowie einer Vielzahl von Laienbloggern zusammen, hinzu kommen sich selbst als Experten ausgebende Laien, einige Wissenschaftler, PR-Unternehmen, Astroturfing-Gruppierungen, konservative Medien und Politiker. Gemeinsam ist ihnen vor allem die Ablehnung von staatlicher Regulierung durch Klimaschutzmaßnahmen.[13] Die organisierte Klimaleugnerszene spielte eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von Skepsis bezüglich der menschengemachten globalen Erwärmung in der Öffentlichkeit und unter Politikern.[14] Seit etwa 1990 ging diese Klimaleugnerszene mit immer weiter ansteigender Vehemenz sowohl gegen die Klimaforschung als auch gegen Klimawissenschaftler vor. Inzwischen greift sie auch direkt wissenschaftliche Kernprinzipien, Institutionen und Kenntnisse an, um wissenschaftliche Beweisführungen für die menschengemachte globale Erwärmung und ihre negativen Folgen zu untergraben.[15] Besonders erfolgreich waren derartige Aktionen unter konservativen Bevölkerungsteilen in den USA.[4]

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  3. Vgl. Michael E. Mann, Tom Toles: Der Tollhauseffekt. Wie die Leugnung des Klimawandels unseren Planeten bedroht, unsere Politik zerstört und uns in den Wahnsinn treibt. Erlangen 2018, S. 9.
  4. a b Paul C. Stern: Sociology. Impacts on climate change views. In: Nature Climate Change. Band 6, 2016, S. 341–342, doi:10.1038/nclimate2970.
  5. Vgl. Karin Edvardsson Björnberg u. a.: Climate and environmental science denial: A review of the scientific literature published in 1990–2015. In: Journal of Cleaner Production. Band 167, 2017, S. 229–241, hier: S. 237, doi:10.1016/j.jclepro.2017.08.066.
  6. Riley E. Dunlap: Climate Change Skepticism and Denial: An Introduction. In: American Behavioral Scientist. Band 57, Nr. 6, 2013, S. 691–698, S. 693, doi:10.1177/0002764213477097.
  7. Stephan Lewandowsky: Climate change, disinformation, and how to combat it. In: Annual Review of Public Health. Band 42, 2021, doi:10.1146/annurev-publhealth-090419-102409.
  8. Stephan Lewandowsky: Future Global Change and Cognition. In: Topics in Cognitive Science. Band 8, 2016, S. 7–18, hier 11 f., doi:10.1111/tops.12188.
  9. Sven Ove Hansson: Science denial as a form of pseudoscience. In: Studies in History and Philosophy of Science. Band 63, 2017, S. 39–47, doi:10.1016/j.shpsa.2017.05.002.
  10. Naomi Oreskes, Erik M. Conway: Die Machiavellis der Wissenschaft (Original: Merchants of Doubt: How a Handful of Scientists Obscured the Truth on Issues from Tobacco Smoke to Global Warming). Weinheim 2014, S. XXII.
  11. Kirsti M. Jylhä: Denial Versus Reality of Climate Change. In: Dominick A. DellaSala, Michael A. Goldstein (Hrsgs.) Encyclopedia of the Anthropocene, Band 2. Climate Change. Elsevier 2018, 487–492, S. 487.
  12. Karin Edvardsson Björnberg u. a.: Climate and environmental science denial: A review of the scientific literature published in 1990–2015. In: Journal of Cleaner Production. Band 167, 2017, S. 229–241, hier: S. 235, doi:10.1016/j.jclepro.2017.08.066.
  13. Riley E. Dunlap, Aaron M. McCright: Organized Climate Change Denial. In: John S. Dryzek, Richard B. Norgaard, David Schlosberg (Hrsg.): The Oxford Handbook of Climate Change and Society. Oxford University Press, Oxford, New York 2011, ISBN 978-0-19-956660-0, S. 144–160, S. 144, doi:10.1093/oxfordhb/9780199566600.003.0010 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Riley E. Dunlap: Climate Change Skepticism and Denial: An Introduction. In: American Behavioral Scientist. Band 57, Nr. 6, 2013, S. 691–698, S. 692 f., doi:10.1177/0002764213477097.
  15. Riley E. Dunlap, Aaron M. McCright: Organized Climate Change Denial. In: John S. Dryzek, Richard B. Norgaard, David Schlosberg (Hrsg.): The Oxford Handbook of Climate Change and Society. Oxford University Press, Oxford, New York 2011, ISBN 978-0-19-956660-0, S. 144–160, S. 156, doi:10.1093/oxfordhb/9780199566600.003.0010 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

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