Leipziger Disputation

Die erste bildliche Darstellung Luthers als Mönch mit Doktorhut, die Hand im Redegestus erhoben. Die Figur ist nur durch die versehentlich spiegelverkehrt geschnittene Umschrift Doctor Martinus Lutter Augustiner Wittenb. und die Lutherrose identifizierbar.[1] Detail vom Titelblatt der Predigt, die Luther während der Disputation hielt: Ein Sermon geprediget tzu Leipßgk. (Wolfgang Stöckel, Leipzig 1519)

Die Leipziger Disputation war ein akademisches Streitgespräch zwischen dem Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck als Herausforderer und den Wittenberger Theologieprofessoren Andreas Bodenstein (genannt Karlstadt[2]) sowie Martin Luther als Verteidigern. Es fand vom 27. Juni bis zum 15. Juli 1519 in der Leipziger Pleißenburg statt. Herzog Georg von Sachsen hatte sich erfolgreich für die Ausrichtung der Disputation durch die Universität Leipzig eingesetzt.

Ursprünglich hatte Karlstadt Eck im Mai 1518 zu einer Disputation über die menschliche Willensfreiheit und die Gnade Gottes aufgefordert. Er hatte von Ecks Kritik an Luthers 95 Thesen erfahren und wollte die gemeinsame Wittenberger Theologie öffentlich verteidigen. Mit Lucas Cranach entwarf er das wahrscheinlich erste reformatorische Flugblatt.

Eck bezog sich mit seinen Thesen zur Vorbereitung der Disputation statt auf Karlstadt so deutlich auf Luther, dass dieser schriftlich reagierte und im Frühjahr 1519 eine eigene Teilnahme an der Leipziger Disputation anstrebte. Zugleich rückte Eck die Themen Kirche und Papstamt ins Zentrum der Auseinandersetzung mit Luther. Die Disputation von Karlstadt und Eck über die menschliche Willensfreiheit fand wie geplant in Leipzig statt, fand aber weniger Beachtung als die Disputation über den päpstlichen Primat, dessen Begründung aus göttlichem Recht von Luther verneint und von Eck verteidigt wurde.

Die Rollenverteilung bei einer Disputation war unsymmetrisch. Als Opponent hatte Eck die Möglichkeit, den Gang der Diskussion vorzugeben. Er nutzte dies, um Luther damit zu konfrontieren, dass ähnliche Aussagen zum Papsttum vom Konstanzer Konzil im Fall des Jan Hus als ketzerisch verurteilt worden waren. Luther erklärte, das Konzil habe geirrt, einige Sätze von Hus seien christlich und evangelisch. Damit relativierte Luther nicht nur die Autorität des Papstes, sondern auch die Autorität von Konzilien. Mit diesen Aussagen hatte er sich faktisch vom Kirchenverständnis seiner Zeit gelöst. Als Respondent konnte Luther Eck mit seinen Argumenten aus der Kirchengeschichte punktuell in Schwierigkeiten bringen. Aber auf den Gang der Gespräche gewann er wenig Einfluss.

Eck wurde nach dem Ende der Veranstaltung in Leipzig als Sieger der Disputation gefeiert. Auch Luther räumte ein, dass Eck gesiegt habe. Allerdings trat der von Eck erwartete Effekt nicht ein: Sympathien für einen Ketzer bekundet zu haben, schadete Luther nicht. Das akademische Urteil über die Disputation blieb aus, aber die öffentliche Meinungsbildung kam in Gang und fiel zugunsten Luthers aus. Luther begann, Jan Hus als seinen Vorläufer zu interpretieren.

  1. Birgit-Ulrike Münch, Andreas Tacke: Kunst. In: Helga Schnabel-Schüle (Hrsg.): Reformation: Historisch-kulturwissenschaftliches Handbuch, J.B.Metzler Verlag, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-476-02593-7, S. 346–353, hier S. 346.
  2. Bodenstein folgte einem Brauch unter Akademikern und benannte sich nach seinem Herkunftsort. Gleiches gilt übrigens auch für Eck, der eigentlich Mayer hieß und aus Egg an der Günz stammte. Im Artikel werden die in der Fachliteratur üblichen Namen der beiden verwendet.

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