Liberale Bewegungen im Islam

Liberale Bewegungen im Islam ist ein Sammelbegriff für Gruppen und Einzelpersonen innerhalb des Islams, die ein Islamverständnis vertreten bzw. anstreben, das sich die Grundsätze von Demokratie und Menschenrechten,[1] wie sie in der westlichen Welt im Zuge von Humanismus und Aufklärung entwickelt wurden, zu eigen macht. Damit steht ein von diesen Bewegungen vertretener liberaler Islam im Gegensatz zu den konservativen Strömungen im Islam und aktuellen Erscheinungen im politischen Islam, die Demokratie und Menschenrechte ganz oder teilweise ablehnen.

Statt von liberalem Islam sprechen manche Gruppen lieber von humanistischem[2] oder auch aufgeklärtem[3] Islam, um Missverständnisse zu vermeiden, etwa, dass aufgeklärte, moderne Konservative ausgeschlossen seien. Auch die Begriffe Euro-Islam[4] oder Reformislam bzw. Islamreform[5] werden häufig zur Bezeichnung des liberalen Islams verwendet, obwohl der Begriff Euro-Islam durch Bassam Tibi eng definiert wurde bzw. nicht jeder Reformislam ein liberaler Islam sein muss (vgl. zum Beispiel Salafismus oder die Wahhabiten). Eine arabische Selbstbezeichnung lautet الإسلام التقدمي, al-Islām at-taqaddumī, „fortschrittlicher Islam“.

Der Afghane Khan Abdul Ghaffar Khan – hier mit Mahatma Gandhi – vertrat einen gewaltlosen Islam, der mit anderen Religionen zusammen existieren kann.

Die Bewegungen umfassen unter anderem Neuinterpretation des Korans und Hinterfragung der Hadithe.

  1. Mahmoud Bassiouni: Menschenrechte zwischen Universalität und islamischer Legitimität. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-518-29714-8.
  2. Canan Topçu: Mehr Farbe für die Islam-Debatte? In: Qantara.de vom 20. Mai 2015: Zum Muslimischen Forum Deutschland heißt es: „Um nicht als ein Vorstoß von liberalen Muslimen missverstanden zu werden, verzichteten sie daher auf den Begriff „liberal“. Im Text taucht er kein einziges Mal auf. Trotzdem bewerten Islam-Experte Lemmen und andere das Forum als einen Zusammenschluss von liberalen Muslimen. Darauf wollen die Gründungsmitglieder aber auf keinen Fall reduziert werden.“
  3. Vgl. zum Beispiel Interview mit Boualem Sansal. In: Cicero vom 17. Juni 2016: „dass eines Tages ein aufgeklärter Islam auftaucht und sich weiterentwickelt, dafür gibt es keine Grundlage“; Lisa Caspari: Hoffnung auf den „Aufstand der Kopftuchmädchen“ Die Zeit vom 21. Januar 2011: „Die SPD-Politikerin Lale Akgün plädiert in ihrem Buch für einen aufgeklärten Islam.“
  4. Vgl. zum Beispiel Jamal Malik: Inwieweit ist die EU ein christliches Projekt? In: Hartmut Behr, Mathias Hildebrandt (Hrsg.): Politik und Religion in der Europäischen Union: Zwischen nationalen Traditionen und Europäisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, S. 95–110, hier S. 105 (Online-Vorschau): „Sie alle plädieren für einen wie auch immer gearteten liberalen Euro-Islam“; Nico Landman: Westeuropa. In: Werner Ende, Udo Steinbach (Hrsg.): Der Islam in der Gegenwart. 5. Auflage, C.H.Beck, München 2005, S. 560–572, hier S. 572 (Online-Vorschau): „„Euro-Islam“ steht oft für eine moderne und liberale Variante des Islams, die sich den Basisnormen der westeuropäischen Gesellschaft anpasst. Andererseits kann der Begriff auch analytisch gebraucht werden, d. h. als Ausdruck für die Formen des Islams, die durch die Interaktion mit der westeuropäischen Gesellschaft bestimmt werden.“
  5. Vgl. zum Beispiel Zafer Senocak: Der Staat kann den Islam nicht reformieren. In: Die Welt vom 5. Juni 2007: „Das ist ein langer und mühsamer Weg, an dessen Ende so etwas wie ein Reform-Islam entstehen könnte. Auch dieser Reform-Islam wird nur einen Teil der Muslime ansprechen können“; oder: Till-Reimer Stoldt: Diese Frau greift den deutschen Islam frontal an. In: Die Welt vom 30. Oktober 2015: „Von einem glaubwürdigen Reformislam könne man erst dann sprechen, meint James, wenn dieser den Mut finde, den islamischen Propheten zu kritisieren und „die Gewalt Mohammeds“ nicht mehr zu verschweigen.“

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