Liberei

Südwestansicht der Liberei
Südgiebel mit Blendnischen, Schmuckfries und Wappen
Südostansicht
Schmucklose Nordseite mit Eingang und moderner Metalltreppe (2006)

Die Liberei,[1] auch Liberey[2] oder Andreana[3] genannt, in Braunschweig gilt als ältester freistehender Bibliotheksbau nördlich der Alpen.[4] Er wurde zwischen 1412 und 1422 in der Kröppelstraße im Weichbild Neustadt, nur wenige Meter südöstlich der Andreaskirche errichtet. Durch Schenkungen, unter anderem von Johann Ember und vor allem Gerwin von Hameln, war die Bibliothek über die Grenzen der Stadt bekannt und galt bis zu ihrer Auflösung 1753 mehr als 300 Jahre lang als eine der bedeutendsten Bücher- und Handschriftensammlungen im norddeutschen Raum.

Die Schenkung von 336 Bänden[5] durch Gerwin von Hameln im Jahre 1495 markiert gleichzeitig Höhe- und auch Wendepunkt in der Geschichte der Bibliothek. Nach Gerwins Tod kam es über Jahrzehnte zu Streitigkeiten zwischen dem Stadtrat und Gerwins Erben, sodass Gebäude und Buchbestand dauerhaft Schaden durch Vernachlässigung und Diebstahl nahmen. Obwohl zeitgenössische Gelehrte wie Johannes Bugenhagen[6] im 16. oder Hermann von der Hardt im beginnenden 18. Jahrhundert sowohl auf die Bedeutung der Liberei als Quelle des Wissens als auch auf ihren bedrohten Zustand hinwiesen, war ihr Niedergang nicht mehr aufzuhalten. 1753 wurden die Restbestände in eine größere Bibliothek überführt. Nach heutigem Forschungsstand sind noch 137 Bände aus Gerwins Nachlass erhalten.[7]

Der kapellenartige Backsteinbau misst im Grundriss nur 5,50 Meter × 5,14 Meter.[8] Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und erst ab 1963 restauriert. Die Liberei ist das einzige Zeugnis mittelalterlicher Backsteingotik in der Stadt und dürfte zudem das älteste erhaltene Gebäude in Deutschland sein, das ausschließlich als Bibliothek erbaut wurde.[9] Das Bauwerk steht heute unter Denkmalschutz.

  1. lat. liber für ‚Buch‘ bzw. libraria für ‚Büchersammlung‘, siehe „Liberei“ im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
  2. Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 2. Auflage. Johann Gottlob Immanuel Breitkopf und Compagnie, Leipzig 1793 (zeno.org [abgerufen am 24. Januar 2022] Eintrag „-Ey“, 3. Ein Collectivum).
  3. Hermann Herbst: Die Bibliothek der Andreaskirche zu Braunschweig. S. 335.
  4. Cord Meckseper (Hrsg.): Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150–1650. Band 1, Stuttgart 1985, S. 580.
  5. Hermann Herbst: Die Bibliothek der Andreaskirche zu Braunschweig. S. 306.
  6. Paul Lehmann: Gerwin van Hameln und die Andreasbibliothek in Braunschweig. S. 571.
  7. Richard Moderhack: Braunschweiger Stadtgeschichte, Braunschweig 1997, S. 73.
  8. Paul Jonas Meier, Karl Steinacker: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig. 2. Auflage. Braunschweig 1926, S. 30.
  9. Hermann Herbst: Die Bibliothek der Andreaskirche zu Braunschweig. S. 302.

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