Lutherbibel

Die erste vollständige Bibelübersetzung von Martin Luther 1534, Druck Hans Lufft in Wittenberg, Titelholzschnitt von Meister MS.
Die letzte Fassung von 1545, die noch zu Luthers Lebzeiten erschienen ist

Die Lutherbibel (Abkürzung LB) ist eine frühe protestantische Bibelübersetzung aus dem 16. Jahrhundert und das Werk des Reformators Martin Luther unter Mitarbeit weiterer Theologen. Sie umfasst und übersetzt das Alte Testament aus der althebräischen und der aramäischen Sprache, die alttestamentlichen Apokryphen aus altgriechischen und lateinischen Quellen[1] und das Neue Testament aus der altgriechischen Sprache in die frühneuhochdeutsche Sprache.

Im September 1522 war eine erste Auflage des Neuen Testaments fertig; ab 1534 lag dann eine deutsche Vollbibel vor, an der Luther zeitlebens weiter Verbesserungen vornahm. 1545 erfolgten die letzten Korrekturen der Biblia Deudsch von Luthers eigener Hand. Vor der Lutherbibel waren zwar schon 18 volle Bibelübersetzungen ins Deutsche gedruckt erschienen,[2] doch sie beeinflusste die Entwicklung der deutschen Sprache so nachhaltig wie kein anderes Literaturwerk.[3] Damit ist sie mit einer bis heute andauernden Wirkung die traditionsreichste deutsche Bibelübersetzung.[4]

Unter Lutherbibel versteht man heute einerseits

  • Die Biblia Deudsch, die Bibelübersetzung Martin Luthers aus dem 16. Jahrhundert,

und andererseits

  • die aus der Biblia Deudsch hervorgegangenen, bis in die Gegenwart weiterrevidierten Bibelübersetzungen, welche für den deutschsprachigen Protestantismus eine zentrale Rolle spielen, wobei die moderne Bibelwissenschaft, aber auch theologische Denkrichtungen und Frömmigkeitsbewegungen (z. B. Pietismus, Evangelikalismus und Liberaltheologie) verändernd ihre Anliegen in die Textgestalten einbrachten. Diese Versionen basieren zwar auf Luthers Übersetzung, unterscheiden sich aber von ihr und untereinander durch sprachliche Modernisierungen und teils auch in der Textgrundlage.

Die Evangelische Kirche (EKD) empfiehlt die 2017 revidierte Lutherbibel zum Gebrauch im Gottesdienst. Pfarrkonvent und Kirchensynode der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) nahmen 2018 die revidierte Lutherbibel für den liturgischen Gebrauch an, mit der Einschränkung, „für die Lesungen an bestimmten Sonn- und Feiertagen bei der oftmals verständlicheren und an mancher Stelle auch theologisch präziseren Revision der Lutherbibel aus dem Jahr 1984 zu bleiben.“[5] Ebenso wird die Lutherbibel in der Fassung von 2017 in der Neuapostolischen Kirche verwendet.[6] Im Lutherhaus Eisenach widmet sich eine Dauerausstellung speziell der Lutherbibel.

Die Lutherbibel hat folgende Charakteristika:[7]

Umfang

Zur Anordnung der biblischen Bücher in der Übersetzung: siehe Auswahl und Reihenfolge der neutestamentlichen und alttestamentlichen Bücher.

Übersetzt wurden das Alte Testament im Umfang des Kanons der Hebräischen Bibel (Tanach), die Spätschriften des Alten Testaments etwa im Umfang der Vulgata und Septuaginta, sowie das Neue Testament.

Textgrundlagen

Zur Entwicklung der Grundtexte siehe: Textgrundlagen der Lutherbibel.

Die Übersetzung des Alten Testaments umfasst den masoretischen Text in hebräischer und aramäischer Sprache. Die Spätschriften des Alten Testaments dagegen wurden anfangs aus der lateinischen Vulgata, teils aus der griechischen Septuaginta übersetzt und später ausschließlich aus der Septuaginta. Textgrundlage des Neuen Testaments war ursprünglich das Novum Testamentum Omne. Seit der LB 1883 wurde die Textgestalt von textkritischen Fassungen des NT Graece beeinflusst und seit der LB 1956 bestimmt.[8]

Übersetzungstyp

Es handelt sich um eine philologische Übersetzung (siehe dazu den Artikel Bibelübersetzung), die gleichzeitig durch die starke Orientierung an der Idiomatik der Zielsprache Deutsch deutliche kommunikative Elemente enthält – ein damals innovativer und kontrovers diskutierter Ansatz. Die Bilderwelt ist vielfach auf den deutschen Leser zugeschnitten.

Sprachstil

Zu Luthers eigenem Sprachstil siehe: Luthers sprachschöpferische Leistung.

Nachdem die Versionen des 20. Jahrhunderts sich der modernen deutschen Sprache angenähert hatten, hatte die Revision 2017 den Grundsatz, wieder möglichst nahe an Luthers Sprachstil zu bleiben, sofern dieser heute noch verständlich ist.

Beigaben, Kernstellen

Die meisten Ausgaben der Lutherbibel enthalten nicht zum Text gehörige Abschnittsüberschriften sowie Verweise auf Abschnitts-, Vers- und Wortparallelen. Oft gibt es einen Anhang mit Sach- und Worterklärungen zum biblischen Umfeld (z. B. Landkarten, Maße, Gewichte). Schon Luther hat „Kernstellen“ mit besonders wichtigen Aussagen im Druck hervorheben lassen. Zur späteren Entwicklung und zum Gebrauch der Kernstellen siehe den Abschnitt Bibelgebrauch im Pietismus.

  1. Luther und die Apokryphen. Abgerufen am 4. Februar 2024.
  2. Volker Leppin: Die fremde Reformation, C.H. Beck, München, 2016, S. 13 ISBN 978-3-406-69081-5 unter Verweis auf: Rudolf Bentzinger: Zur spätmittelalterlichen deutschen Bibelübersetzung. Versuch eines Überblicks, in: Irmtraut Rösler (Hg.): Ältere Sprache und Literatur in Forschung und Lehre. Festschrift Christa Baufeld. Rostock 1999, Rostocker Beiträge zur Sprachwissenschaft 7, S. 29–41.
  3. WDR: Martin Luther: Die Luther-Bibel. 31. März 2020, abgerufen am 3. Juni 2022.
  4. Lutherbibel. Abgerufen am 24. März 2023.
  5. SELK-Aktuell: Neue Ordnung der gottesdienstlichen Lesungen (23. November 2018).
  6. Neue deutsche Lutherübersetzung der Heiligen Schrift ab Januar 2019. Abgerufen am 3. Februar 2019.
  7. Form, Gliederung und teilweise auch Inhalt des Abschnitts machen Anleihen bei den drei Abschnitten über die Lutherbibeln von 1912, 1984 und 2017 der Webseite Deutsche Bibelübersetzungen im Vergleich. Deutsche Bibelgesellschaft, abgerufen am 2. März 2018.
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