Neoevolutionismus

Als Neoevolutionismus (auch Neo-Evolutionismus) wird eine sozialwissenschaftliche Strömung des 20. Jahrhunderts bezeichnet, die die Entwicklung von Gesellschaften in Anlehnung an die biologische Evolutionstheorie zu erklären versucht. Sie knüpft insbesondere an die Arbeiten von Morgan an, setzt sich jedoch von den Grundannahmen des klassischen sozialwissenschaftlichen Evolutionismus ab. Neoevolutionistische Theorien gehen davon aus, dass der langfristig, gerichtete soziale Wandel auf die Umweltbedingungen zurückgeführt werden kann und demnach zu wiederkehrenden Mustern der Entwicklung führt, die in ganz verschiedenen Kulturen zu beobachten sind, wenn die Subsistenzgrundlage ähnlich ist. Im Gegensatz zu den linearen Vorstellungen einer Kulturstufenabfolge im Evolutionismus sind diese Theorien „multilinear“ und vorsichtiger bei Generalisierungen.[1]

Begründer des Neoevolutionismus, der bis in die 1980er Jahre vertreten wurde, waren Leslie White und Julian Steward. Der Hauptvertreter seit den 1970er Jahren war Marshall Sahlins. In den 1990er Jahren wurde der Neo-Evolutionismus durch neue Erkenntnisse abgelöst, die zeigten, dass neben dem ökologisch-wirtschaftlichen Faktor auch immer andere Faktoren (Technologie, Demografie, Krieg, Ideologie u. a.) eine gleichermaßen wichtige Rolle für die Entwicklung spielen.[2]

  1. Justin Stagl: Neo-Evolutionismus. in: Walter Hirschberg (Begr.), Wolfgang Müller (Red.): Wörterbuch der Völkerkunde. Neuausgabe, 2. Auflage, Reimer, Berlin 2005, S. 270.
  2. Andre Gingrich: Ethnologie. In Philipp Sarasin, Marianne Sommer (Hrsg.): Evolution. Ein interdisziplinäres Handbuch. J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02274-5, S. 228–231

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