Orthodoxie

Orthodoxie (altgriechisch ὀρθός orthós „aufrecht“, „geradlinig“, „richtig“ und δόξα dóxa „Meinung“, „Glaube“, also „Rechtgläubigkeit“) bezeichnet in der Grundbedeutung die Richtigkeit einer Lehrmeinung bzw. die Anhängerschaft der richtigen Lehrmeinung, im Gegensatz zu davon abweichenden Lehrmeinungen, die entsprechend für falsch erachtet und abgelehnt werden (Heterodoxie). Grundsätzlich betrachtet sich jede Lehrmeinung selbst als orthodox, so dass die Zuschreibung der Orthodoxie eine Frage des Standpunktes ist.[1]

Häufig jedoch wird der Begriff Orthodoxie in einer Weise verwendet, die mit der Grundbedeutung nur bedingt übereinstimmt:[2] Die Unterschiede bestehen vor allem durch die Betrachtungsperspektive, die entweder eine Selbstbetrachtung oder eine Betrachtung von außen sein kann, wobei Letzteres wiederum in ablehnende oder neutrale Standpunkte unterschieden werden muss.

  • Mit Orthodoxie wird häufig die vorherrschende Lehrmeinung bezeichnet. Die vorherrschende Lehrmeinung hat sich gegen abweichende Lehrmeinungen durchgesetzt, dominiert die öffentliche Wahrnehmung und definiert damit faktisch die Norm, also die „richtige“ Lehrmeinung.[3][4][5] Aus der Sicht der Anhänger abweichender Lehrmeinungen bzw. aus der Sicht von neutralen Beobachtern ist die Zuschreibung von Orthodoxie an die vorherrschende Lehrmeinung allerdings fragwürdig.
  • Mit Orthodoxie wird häufig eine Lehrmeinung bezeichnet, die speziell von einem modernen, aufgeklärten Standpunkt aus betrachtet als besonders rückwärtsgewandt und reformfeindlich wahrgenommen wird. Ursache hierfür ist der Umstand, dass im 19. Jahrhundert die Orthodoxe Kirche als Inbegriff der Rückwärtsgewandtheit galt, wodurch der Begriff mit dieser Bedeutung aufgeladen wurde. Auf diese Weise erhielt z. B. das orthodoxe Judentum die Zuschreibung orthodox.[6][7] Ein passenderer Begriff zur Bezeichnung von Rückwärtsgewandtheit und Reformfeindlichkeit wäre z. B. Traditionalismus bzw. traditionalistisch.[8][9]
  1. Walter A. Elwell: Evangelical Dictionary of Theology Baker Academic 2001. Orthodoxy. S. 875.
  2. Ian Richard Netton: Islam, Christianity and Tradition: A Comparative Exploration: A Comparative Exploration Edinburgh University Press, 2006. S. 46: ‘Orthodoxy’ is a notoriously slippery term. [...] For the lexicographer, the definition of 'orthodox' can be equally lacking in final, concise and monovalent definition.
  3. Donald K. McKim: The Westminster Dictionary of Theological Terms 2nd revised edition, 2014. orthodox. S. 223
  4. John B. Henderson: The Construction of Orthodoxy and Heresy: Neo-Confucian, Islamic, Jewish, and Early Christian Patterns, SUNY Press 1998. S. 85
  5. Irving Hexham: Pocket Dictionary of New Religious Movements: Over 400 Groups, Individuals & Ideas Clearly and Concisely Defined. InterVarsity Press, 2009. orthodoxy. S. 85
  6. Sol Steinmetz: Dictionary of Jewish Usage: A Guide to the Use of Jewish Terms Orthodox S. 132
  7. Adele Berlin: The Oxford Dictionary of the Jewish Religion Orthodoxy S. 549
  8. Vgl. z. B. Susi Hausammann: Wege und Irrwege zur kirchlichen Einheit im Licht der orthodoxen Tradition. V&R unipress GmbH, 2005, S. 185
  9. Vgl. z. B. Stephan Conermann: Traditionalismus, Bundeszentrale für politische Bildung, aus: Ralf Elger (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte – Alltag – Kultur. C.H. Beck, München, 5., aktualisierte und erweiterte Auflage 2008.

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