Paradigma

Ein Paradigma[1] (Plural Paradigmen oder Paradigmata) ist eine grundsätzliche Denkweise. Das Wort entstammt dem griechischen παράδειγμα parádeigma (von παρά pará „an, dazu, neben“ sowie δείκνυμι deíknymi „zeigen, begreiflich machen“). Übersetzt bedeutet es „Beispiel, Vorbild, Muster“ oder „Abgrenzung, Erklärungsmodell, Vorurteil“; auch „Weltsicht“ oder „Weltanschauung“.

In der antiken Rhetorik verstand man darunter eine Begebenheit, die als positiver oder negativer Beleg für eine dogmatische Argumentation oder eine Morallehre angeführt wird.[2] Seit dem späten 18. Jahrhundert bezeichnete Paradigma eine bestimmte Art der Weltanschauung oder eine Lehrmeinung. Der Begriff wurde von Georg Christoph Lichtenberg eingebracht.[3] Nach Ludwig Wittgenstein sind Paradigmen Muster oder Standards, mit denen Erfahrung verglichen und beurteilt wird. Sie liegen vor der Erfahrung (a priori) und geben eine Orientierung vor.

In der modernen Wissenschaftsgeschichte wurde der Begriff von Thomas S. Kuhn eingeführt. Er bezeichnet damit die Gesamtheit von Grundauffassungen, die in einer historischen Zeit eine wissenschaftliche Disziplin ausmachen. Beispiele für eine solche „grundlegende Weltsicht“ sind das geozentrische Weltbild oder das heliozentrische Weltbild. Diese Grundauffassungen zeichnen vor, welche Fragestellungen wissenschaftlich zulässig sind und was als wissenschaftlich befriedigende Lösung angesehen werden kann. Wissenschaftliche Revolutionen in den Naturwissenschaften sind nach Kuhn verbunden mit Wechseln der Paradigmen.[4] Schließlich wurde der Begriff des „Paradigmas“ auch in zeitkritische Diskurse eingeführt, so von Fritjof Capra, wobei Denkansätze der esoterischen New-Age-Bewegung zugrunde lagen.

  1. Die deutsche Aussprache ist im Gegensatz zur altgriechischen laut Duden [para'digma], also mit dem Akzent auf der vorletzten Silbe.
  2. Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur (= Kröners Taschenausgabe. Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, DNB 455687854, S. 194.
  3. Stephen Edelston Toulmin: Menschliches Erkennen, I: Kritik der kollektiven Vernunft, übersetzt von Hermann Vetter. 1. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-518-07436-9, S. 131f
  4. Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. 2. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-518-27625-9.

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