Russlandmennoniten

Russlandmennonitische Familie in traditioneller Kleidung in Campeche, Mexiko

Als Russlandmennoniten werden die Nachkommen jener (nieder)deutschsprachigen Mennoniten bezeichnet, die seit Ende des 18. Jahrhunderts aus dem westpreußischen Weichseldelta in den Süden des europäischen Teils des Russischen Reiches (Gebiet der heutigen Ukraine) auswanderten und sich später in andere Teile des Reiches (wie Powolschje, Sibirien, heute in Russland) sowie in mehreren Migrationswellen ab 1874 zunächst nach Kanada und den USA, seit dem Ersten Weltkrieg auch nach Süd- und Mittelamerika ausgebreitet haben. Heute zählen die Nachkommen der nach Russland ausgewanderten Mennoniten mehrere hunderttausend Menschen.

Konservative Russlandmennoniten wie die Altkolonier-Mennoniten in Lateinamerika haben bis heute einen Lebensstil bewahrt, der in etlichen Punkten dem der Amischen ähnelt. So haben sie nicht nur die deutsche Sprache bewahrt, sondern kleiden sich auch in ihrer traditionellen Tracht und lehnen bestimmte Techniken ab, von denen sie glauben, dass sie ihre Gemeinschaften zerstören. Am augenfälligsten ist die Ablehnung von Autos und die Weiternutzung von Kutschen. Es gibt aber unter den Russlandmennoniten ein breites Spektrum von Gruppen, das von sehr konservativen, den Amischen ähnlichen Gruppen bis hin zu Gruppen reicht, die modernen deutschen Freikirchen ähneln.

Vor dem Ersten Weltkrieg lebten in Russland ungefähr 120.000 Russlandmennoniten. Von Stalin meist aus ihren angestammten Siedlungsgebieten zwangsweise nach Sibirien umgesiedelt, kamen zahlreiche Russlandmennoniten seit den 1970er Jahren als Spätaussiedler in die Bundesrepublik. Die Sprache vieler Russlandmennoniten ist Plautdietsch, eine westpreußische Varietät des Niederdeutschen. Diese Sprache ist im Weichseldelta als Verschmelzung von verschiedenen mitgebrachten (niederländischen, friesischen) und niederpreußischen Dialekten entstanden und wird heute noch weltweit von ca. einer halben Million Menschen gesprochen. Die Plautdietsch-Freunde beschäftigen sich in Deutschland und international sprachpflegerisch und sprachwissenschaftlich mit dem Plautdietsch der Russlandmennoniten.

Die Russlandmennoniten stellen als ethno-religiöse Gruppe (mit der gemeinsamen Sprache Plautdietsch) eine weltweit verstreute ethnische Minderheit dar. Von den ca. 2,2 Mio. russlanddeutschen Aussiedlern,[1][2] die heute in Deutschland leben, haben ca. 200.000 einen plautdietschen bzw. russlandmennonitischen Hintergrund.

  1. destatis.de
  2. Aussiedlerstatistik seit 1950. (Memento vom 31. Oktober 2007 im Internet Archive) bmi.bund.de

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search