Sicherungsverwahrung

Die Sicherungsverwahrung (außerhalb von Gesetzestexten auch als Sicherheitsverwahrung bezeichnet)[1] ist eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung im deutschen Strafrecht. Sie schließt sich zeitlich an das Verbüßen einer Freiheitsstrafe an. Im Gegensatz zur durch die Schuld des Täters begrenzten Freiheitsstrafe knüpft die Sicherungsverwahrung einzig an die Gefährlichkeit des Straftäters an.[2] Sie ist eine rein präventiv ausgerichtete Maßregel der Besserung und Sicherung.[2] Dabei ist umstritten, ob sie allein die Allgemeinheit[2] vor dem gefährlichen Straftäter schützen soll oder auch dem Schutze jedes einzelnen potentiellen Opfers[3] diene. Gesetzlich geregelt ist sie im allgemeinen Teil in den § 66, § 66a, § 66b und § 66c des Strafgesetzbuches (StGB). Die Regelung der Sicherungsverwahrung im StGB ist am 4. Mai 2011 in der damals geltenden Fassung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden und wurde mit Wirkung zum 1. Juni 2013 reformiert.[4]

Die Sicherungsverwahrung wird in besonderen Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen. Da der Sicherungsverwahrte jedoch bereits die schuldangemessene Strafe verbüßt hat und sich dort einzig zum Schutze der Allgemeinheit (bzw. der potentiellen Opfer, s. o.) vor ihm befindet, ist dies insoweit ein „Sonderopfer“[5] für die Allgemeinheit. Das Bundesverfassungsgericht verlangt daher seit seiner Entscheidung vom 5. Februar 2004,[6] dass sich die Verbüßung der Sicherungsverwahrung vom Strafvollzug positiv unterscheidet (sogenanntes Abstandsgebot). Dieses Gebot versucht der § 66c StGB umzusetzen. Die Sicherungsverwahrung ist von anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen zu unterscheiden.[7]

  1. Deutsche Gesetzestexte verwenden ausschließlich Sicherungsverwahrung; ansonsten kommt auch die Variante Sicherheitsverwahrung vor, sowohl in überregionalen Zeitungen als auch in wissenschaftlichen Texten als auch in juristischer Literatur, z. B. Andreas Zimmermann, Grundrechtsschutz zwischen Karlsruhe und Straßburg, Berlin/New York 2012, ISBN 978-3-11-029669-3, pp. 7/26/27; Christina Müting, Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung (§ 177 StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870, Berlin/New York 2010, ISBN 978-3-11-024794-7, pp. 112/195/234/236; Lars S. Otto, Klausuren aus dem Staatsorganisationsrecht. Mit Grundlagen des Verfassungsprozessrechts und der Methodenlehre, Berlin/Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-22892-6, pp. 120/443
  2. a b c Ruth Rissing-van Saan, Jens Peglau in: Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar, De Gruyter 2008 doi:10.1515/9783110901276, StGB § 66 Rn. 1, 3.
  3. Theo Ziegler in: BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg, 49. Edition, Stand: 1. Februar 2021, StGB §66 Rn. 1.
  4. Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425)
  5. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 − 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10, NJW 2011, 1931 Rn. 101, beck-online, Zitat: „Der in der Sicherungsverwahrung liegende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht ist daher auch deshalb äußerst schwerwiegend, weil er ausschließlich präventiven Zwecken dient und dem Betroffenen – da der Freiheitsentzug stets nur auf einer Gefährlichkeitsprognose, nicht aber auf dem Beweis begangener Straftaten beruht – im Interesse der Allgemeinheit gleichsam ein Sonderopfer auferlegt. Die Sicherungsverwahrung ist daher überhaupt nur dann zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber bei ihrer Ausgestaltung dem besonderen Charakter des in ihr liegenden Eingriffs hinreichend Rechnung und dafür Sorge trägt, dass über den unabdingbaren Entzug der „äußeren“ Freiheit hinaus weitere Belastungen vermieden werden. Dem muss durch einen freiheitsorientierten und therapiegerichteten Vollzug Rechnung getragen werden, der den allein präventiven Charakter der Maßregel sowohl gegenüber dem Untergebrachten als auch gegenüber der Allgemeinheit deutlich macht. Die Freiheitsentziehung ist – in deutlichem Abstand zum Strafvollzug („Abstandsgebot“, vgl. BVerfGE 109, 133 <166>) – so auszugestalten, dass die Perspektive der Wiedererlangung der Freiheit sichtbar die Praxis der Unterbringung bestimmt.“
  6. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 − 2 BVR 2029/01.
  7. Siehe zum Beispiel die nach der Psychiatriereform erlassenen Regelungen wie im Bremer Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (BremPsychKG) § 14, erste Fassung vom 19. Dezember 2000, BremGBl. 471

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