Sophisten

Demokrit und Protagoras im Historienbild Démocrite et Protagoras von Salvator Rosa

Als Sophisten (altgriechisch σοφισταί sophistaí, lateinisch sophistae) wird eine Gruppe von Männern aus der griechischen Antike bezeichnet, die über besondere Kenntnisse auf theoretischem (Mathematik und Geometrie) oder praktischem Gebiet (Handwerk, Musik, Dichtung) verfügten, im engeren Sinne vor allem Didaktiker und Rhetoriker, die mit dem Vermitteln ihrer Kenntnisse ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie wirkten von etwa 450 v. Chr. bis etwa 380 v. Chr. Der Terminus Sophist bezeichnete ursprünglich „alle, die für ihre Weisheit berühmt waren: Pythagoras, Thales, Staatsmänner, Kulturbringer, Dichter und andere ‚weise Männer‘“. Im 5. Jahrhundert fasste man unter Sophisten auch professionelle Lehrer bzw. Experten, die ihre rhetorischen Kenntnisse und argumentativen Fähigkeiten anderen vermittelten.[1] Solon und Pythagoras nannte man Sophisten, auch noch Sokrates, Antisthenes und Platon wurden von Zeitgenossen mitunter so benannt, wenngleich sie selbst sich dagegen verwahrten; gerade Platon trug viel dazu bei, dass Sophist einen negativen Klang bekam.

Die Sophisten bildeten weder eine geschlossene philosophische Strömung noch gab es sophistische Schulen. Das Zentrum der Sophistik, sprich der von den Sophisten vertretenen Lehre und geistesgeschichtlichen Strömung, war die in ihrer Blüte stehende Stadt Athen. Gemeinsam war ihnen die Fixierung auf den Logos; man war der Überzeugung, durch die Wahl der richtigen Worte entscheidenden Einfluss auf das Denken der Mitmenschen ausüben zu können. Aus diesem Grunde war Unterricht bei ihnen begehrt, da Redekunst im Kontext der zu ihrer Zeit aufblühenden Attischen Demokratie große Bedeutung gewann, wenn man die Volksversammlung oder Geschworenengerichte überzeugen wollte.

Sophisten wollten junge Männer darin unterstützen, sich Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, mit denen diese im Zuge ihrer öffentlichen Pflichten einen Beitrag zum Bestand der Polis leisten und ihre eigenen Interessen verfolgen konnten.[2] Für den Unterricht ließen sie sich bezahlen. Viele Sophisten gingen offenbar davon aus, dass die Götter nicht das menschliche Schicksal lenken, bestritten aber deren Existenz nicht. Letzteres hätte nach Maßgabe der Asebiegesetze zur Verbannung oder – wie im Fall des Sokrates – zur Todesstrafe geführt. Gemeinsam war vielen ihre Tätigkeit als Wanderlehrer, für die sie durch die Städte der damaligen griechischen Welt reisten (vor allem Peloponnes, Thessalien, Süditalien).

Die Quellen über Platon und Aristoteles hinaus sind sehr dürftig; nur wenige Texte der Sophisten sind erhalten. Vertreter der Philosophiegeschichte zählen die Sophisten oft zu den Vorsokratikern. Die philosophische Bewertung der Sophisten war lange Zeit (und großteils bis heute) stark von dem negativen Bild geprägt, das Platon, Aristophanes und Aristoteles gezeichnet haben. Sie warfen den Sophisten vor, aus Geldgier junge Männer in der Kunst der egoistischen Manipulation zu unterweisen, statt der Suche nach Wahrheit zu dienen. Neuerdings gibt es z. B. unter dem Stichwort „Rehabilitation“ andererseits eine Anerkennung der sophistischen Bewegung, die ihr u. a. eine wichtige Rolle in der zeitgenössischen Politik Athens zuschreibt.[3]

Rhetorische Figuren ohne Wahrheitswert, die zu Fehlschlüssen verleiten, werden bis heute oft als Sophismen bezeichnet. Im bildungsbürgerlichen Diskurs des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde Sophisterei auch als abwertende Bezeichnung für Rabulistik verwendet, und bis heute bezeichnet das Wort Sophist auch einen Wortklauber oder Blender, der zwecks Durchsetzung eines Standpunkts zu einem Thema bewusst irreführend und manipulativ argumentiert.

  1. Vgl. Jan Dreßler: Wortverdreher, Sonderlinge, Gottlose. Berlin/Boston 2014, S. 15f.
  2. Jan Dreßler: Philosophie vs. Religion. Die Asebieverfahren gegen Anaxagoras, Protagoras und Sokrates. Norderstedt 2010, S. 29–62.
  3. Vgl. Berno Bahro: Die Rehabilitation der Sophistik – die Sophisten als Aufklärer? Potsdam 2003. – Ulrike u. Peter Riemer: Xenophobie – Philoxenie. Stuttgart 2005, S. 157–176. – Dion von Prusa: Der Philosoph und sein Bild. Tübingen 2009, S. 112, 183.- Jan Dreßler: Wortverdreher, Sonderlinge, Gottlose: Kritik an Philosophie und Rhetorik im klassischen Athen. Berlin/Boston 2014, S. 1–30.

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