Verantwortung

„Eltern haften für ihre Kinder“: Kaum eine andere Alltagssituation macht Verantwortlichkeit so bewusst wie die Erziehung der Kinder

Verantwortung ist vorrangig die Fähigkeit, das eigene Können und die möglichen Folgen von Entscheidungen einzuschätzen und so zu handeln, dass die erwarteten Ziele mit größter Wahrscheinlichkeit erreicht werden.

Häufig ist damit das Bewusstsein verbunden, im Falle des Scheiterns Schuld und Scham zu tragen.

In diesem Zusammenhang kann aus der Verantwortung die freiwillige (verantwortungsbewusste) oder (bei Unwissenheit oder Fremdbestimmung) unfreiwillige Übernahme einer Verpflichtung hervorgehen, für die möglichen Folgen einer Handlung oder einer getroffenen Entscheidung einzustehen und gegebenenfalls dafür Rechenschaft abzulegen oder Strafen zu akzeptieren. Verantwortungsgefühl setzt ein Gewissen, die Kenntnis der Wertvorstellungen sowie der rechtlichen Vorschriften und sozialen Normen voraus.

Im Rechtswesen wird der Begriff nach verbreiteter Auffassung als die einer handelnden Person oder Personengruppe (Subjekt) gegenüber einer anderen Person oder Personengruppe (Objekt) zugeschriebene Pflicht definiert, die aufgrund eines normativen Anspruchs entsteht, der durch eine Instanz eingefordert werden kann.

Handlungen und ihre Folgen können je nach gesellschaftlicher Praxis und Wertesystem für den Verantwortlichen zu Konsequenzen wie Lob und Tadel, Belohnung, Bestrafung oder Forderungen nach Ersatzleistungen führen. Die Beziehung (Relation) zwischen den beteiligten Akteuren knüpft am Ergebnis des Handelns an.[1][2][3]

Die der Verantwortung zugrunde liegenden gesellschaftlichen Normen können einen rechtlichen, weltanschaulichen oder moralischen Ursprung haben. Die Verantwortung kann aber auch auf einem selbst gewählten Ideal als einer nur individuell gültigen Norm beruhen. Allerdings ist auch in diesem Fall der Anspruch an Wirkungen gegenüber anderen Personen oder Institutionen gebunden. Denn nur unter Einbeziehung der Mitwelt ergibt der Begriff der Verantwortung einen Sinn.[4] In jedem Fall setzt die Zuschreibung von Verantwortung die Annahme einer Handlungsfreiheit und eines wirksamen Einflusses des Handelnden auf das Handlungsergebnis voraus. Ob und in welchem Maß eine solche Selbstbestimmung gegeben ist, ist umstritten und wird in der Philosophie des Geistes kritisch diskutiert. Indem Verantwortung Rechtfertigung herausfordert, ist sie an das Vorbringen von Begründungen und die Vernunft der Beteiligten gebunden.[5] Durch ihre Orientierung an Normen und Wertungen ist Verantwortung auch ein ethisches Thema.

Wenn einer Person die Verantwortung für eine bestimmte Aufgabe oder dauerhafte Aufgabenstellung zugewiesen ist, spricht man von Verantwortlichkeit. Während die Grundrelation des Konzepts der Verantwortung – jemand ist verantwortlich für etwas vor jemandem – wenig umstritten ist, besteht über die Ausgestaltung der einzelnen Dimensionen des Begriffs eine Vielzahl von Meinungen.[6] Je nach Anwendungsbereich (etwa in Politik, Ökonomie, Recht, Psychologie) wird dem Begriff ein besonderer Inhalt zugewiesen. Dies gilt sowohl für den Umfang der Zuständigkeit als auch für die Gültigkeit der Normen, aufgrund deren Verantwortung zugeschrieben wird.

„Der Begriff ‚Verantwortung‘ erweist sich als eine mindestens dreistellige Relation, die Verantwortungssubjekt, Verantwortungsbereich und Verantwortungsinstanz verknüpft. Nun haben sich alle drei − Instanz, Bereich und Subjekt − in der Geschichte der neuzeitlichen Säkularisierung entscheidend verändert: An die Stelle Gottes als Verantwortungsinstanz tritt die Gesamtheit aller vernünftigen Wesen in Gegenwart und Zukunft und ggf. auch die außermenschliche Natur, der Verantwortungsbereich wird um die Menge aller neuen Technologien erweitert, zumal jene, bei denen eine grundsätzliche Nichtvorhersehbarkeit ihrer Folgen dem Menschen bewußt ist, was eng mit der grundsätzlichen Veränderung des Verantwortungssubjekts zusammenhängt, das ganz offenkundig sowohl seine Begrenzung auf das Individuum als auch seine Einschränkung auf jene Handlungen, für die es selbst in bewußtem Sinne steuernd verantwortlich war, aufgeben muß.“[7]
  1. Otfried Höffe: Lexikon der Ethik. Beck, München 1986, S. 263.
  2. Oswald Schwemmer. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Vierbändige Enzyklopädie. Metzler, Stuttgart 1980–1996, Band 4, S. 499–501.
  3. Eva Buddeberg: Verantwortung im Diskurs: Grundlinien einer rekonstruktiv-hermeneutischen Konzeption moralischer Verantwortung im Anschluss an Hans Jonas, Karl-Otto Apel und Emmanuel Lévinas. De Gruyter, Berlin 2011, S. 11–46.
  4. Peter Prechtl (Hrsg.): Metzler Philosophie-Lexikon. 2. Auflage. Metzler, Stuttgart 2007, Lemma Verantwortung.
  5. Julian Nida-Rümelin: Verantwortung. Reclam, Stuttgart 2011, S. 17.
  6. Elisabeth Ströker: Ich und die anderen. Die Frage der Mitverantwortung. Klostermann, Frankfurt 1984, S. 10.
  7. Walther Christoph Zimmerli: Wandelt sich Verantwortung mit technischem Wandel? In: Hans Lenk, Günter Rophl (Hrsg.): Technik und Ethik. 2. Auflage. Reclam, Stuttgart 1993, S. 92–111, S. 105.

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