Diktatur des Proletariats

Diktatur des Proletariats ist ein zur Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommender Begriff, der die politische Herrschaft der bis dahin noch nicht im Staat repräsentierten Gesellschaftsgruppen, speziell der Arbeiterklasse, umschreibt. Der Begriff wurde durch die Rezeption des Werkes von Karl Marx und Friedrich Engels geprägt. Unumstritten ist, dass sie unter der Diktatur des Proletariats die Herrschaft der Arbeiterklasse als der Mehrheit über die Minderheit der enteigneten Kapitalisten verstanden, die den Übergang von einer bürgerlichen Klassengesellschaft zur klassenlosen Gesellschaft vollziehen sollte (den Annahmen von Marx und Engels zufolge würden die proletarischen Revolutionen zuerst in hochindustrialisierten Ländern auftreten). Die Frage, wie dies geschehen solle, war dagegen, auch angesichts des historischen Sprachgebrauchs, der noch nicht zwangsläufig die Bedeutung von „Gewaltherrschaft“ voraussetzte, Gegenstand andauernder Kontroversen. Der Begriff der „Diktatur des Proletariats“ wird in den Schriften von Marx nicht oft und zudem unscharf verwendet. In der Rezeption der Theorien von Marx und Engels hat der Begriff aber eine herausragende Stellung.

Georgi Plechanow nahm den Begriff der Diktatur des Proletariats gegen Ende des 19. Jahrhunderts in das Programm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands auf. In der daraus entstehenden Kommunistischen Partei Russlands spielte der Begriff nach den Aprilthesen 1917 eine bedeutende Rolle. Im Zeitraum nach der Oktoberrevolution und während der Bedingungen des Bürgerkrieges in der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (siehe Kriegskommunismus) wurde Wladimir Iljitsch Lenins Vorstellung einer Diktatur des Proletariats prinzipiell zu verwirklichen versucht. Nach 1925 in seiner Bedeutung immer mehr uminterpretiert, wurde der Begriff in den stalinistisch geprägten Ostblockstaaten nach dem Zweiten Weltkrieg neben der wohl ansprechenderen Bezeichnung „sozialistische Demokratie“ kaum noch verwendet.

In den 1970er Jahren distanzierten sich eurokommunistische Parteien von der Parole der Diktatur des Proletariats, auch um sich von den realsozialistischen Staaten abzugrenzen. Die eurokommunistische Programmatik verwarf das Revolutionsmodell zugunsten der Perspektive auf Überwindung des Kapitalismus innerhalb der parlamentarischen Demokratie.

Fälschlicherweise wurde der Begriff des Öfteren auch Louis-Auguste Blanqui zugerechnet, in seinen Schriften findet er jedoch keine Erwähnung.[1] Das Konzept einer Diktatur des Proletariats war jedoch für blanquistische Strömungen von zentraler Bedeutung.

  1. „Incidentally, the ascription of the term ‘dictatorship of the proletariat’ to Blanqui is a myth industriously copied from book to book by marxologists eager to prove that Marx was a putschist ‘Blanquist,’ but in fact all authorities on Blanqui’s life and works have (sometimes regretfully) announced that the term is not to be found there.“
    H. Draper, The ‘Dictatorship of the Proletariat’ from Marx to Lenin, 1. Kapitel, 1. Abschnitt, 1987. (Lesen (Memento des Originals vom 24. Juni 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/marxmyths.org)

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